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Strategien zur Schaffungund Erhaltungvon MarkenloyalitätM A R K E N D I A L O GFEBRU AR 199 8

I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

Strategien zur Schaffung und Erhaltung von Markenloyalität VorwortVorwortBegrüßungDr. Wolfgang Majer7„Neueste Daten zur Markenund Einkaufsstättentreue“Wolfgang Twardawa1. Thema:10„Kundenbindungdurch Innovation“Prof. Dr. Volker TrommsdorffDr. Manfred LangeDiskussion2. Thema:233849„Kundenbindungdurch Direktmarketing“Prof. Dr. Jörg LinkUlrich Dirk FreyDiskussion3. Thema:Schlußwort596993„Kundenbindung durchproduktbegleitende Dienstleistungen“Prof. Dr. Bernd StaussKarl-Heinz RingelDiskussion107128139Dr. Wolfgang Majer147ReferentenlisteImpressum1511533

V O R W O R T4

Am 17. Februar 1998 veranstaltete dieG·E·M in Frankfurt/M. ihren zweitenMarkendialog. An der Veranstaltung nahmen Wissenschaftler, Unternehmensvertreter aus der Markenartikelindustrie, denAgenturen und Medien teil, die zumThema „Strategien zur Schaffung und Erhaltung von Markenloyalität“ referiertenund diskutierten.Immer wieder erreichen die G·E·M zahlreiche Anfragen zu dem weiten Themenkreis Marketinginstrumente zur Schaffung von Markenloyalität. Die Dokumentation soll helfen, auf die Fragen Anworten zu geben.Einige Vorträge lagen ausformuliert vor;sie wurden in dieser Fassung gedruckt.Bei den anderen Vorträgen wurde weitestgehend die wörtliche Fassung verwendet.Der Text wurde im Interesse besserer Lesbarkeit behutsam überarbeitet.Unser Dank gilt Frau Barbara v. Moellerfür ihre wertvolle Hilfe bei der redaktionellen Überarbeitung der Texte.Dr. Wolfgang MajerDr. Peter Lips5

B E G R Ü S S U N G

Markendialog17. Februar 1997,Queens HotelFrankfurt am MainDr. Wolfgang MajerZum Markendialog der Gesellschaft zurErforschung des Markenwesens hier inFrankfurt möchte ich Sie sehr herzlichwillkommen heißen. Ich begrüße dieDamen und Herren von den Universitäten,den industriellen Unternehmen, denDienstleistungsunternehmen und die Vertreter der Presse bzw. der Medien. Ichunterstelle, daß Sie sich alle dialogfähigund vor allem dialogfreudig nach hier aufden Weg gemacht haben. Die Gesellschaftzur Erforschung des Markenwesens versteht sich als Brückenbauer zwischen derMarketingwissenschaft und der Praxis,und wir sind glücklich, so qualifizierteVertreter aus beiden Bereichen bei uns zuwissen. Ich möchte deshalb besondersherzlich unsere Referenten begrüßen undbeginne mit dem Hochschulbereich.Ich begrüße sehr herzlich Herrn Prof. Dr.Jörg Link von der Universität Kassel,Herrn Prof. Dr. Bernd Stauss von derKatholischen Universität in Eichstädt undHerrn Prof. Dr. Volker Trommsdorff vonder Technischen Universität Berlin. Ausdem Bereich der unternehmerischen Praxis Herrn Ulrich Dirk Frey von Frey,Beaumont & Bennett in Düsseldorf. Andieser Stelle müßte ich jetzt Hans Güldenberg begrüßen, den Vorstandsvorsitzenden der Nestle Deutschland AG; er mußtegestern ganz überraschend nach Überseefliegen, was wir sehr bedauern. Aber fürHerrn Güldenberg ist ein anderes Vorstandsmitglied der Nestle DeutschlandAG da, nämlich Karl-Heinz Ringel, derVorsitzende der Geschäftsführung derMaggi GmbH, und ebenfalls ein kompetenter Manager, der den Vortrag von HansGüldenberg übernehmen wird. Ferner7

begrüße ich Herrn Dr. Manfred Lange,den Vorsitzenden der Geschäftsführungder CPC Deutschland GmbH und HerrnWolfgang Twardawa, Divisional Manager Marketing der GfK in Nürnberg. Undschließlich möchte ich Herrn Prof. Dr.Richard Köhler von der Universität Kölnherzlich begrüßen, der in bewährter Weisenach den Dialogpaaren die Diskussionleiten wird.Es ist fast genau ein Jahr her, daß wir hierden ersten Markendialog unter dem Generalthema „Markenloyalität und Markentreue“ veranstaltet haben. Unser heutigesThema fokussiert auf die Schaffung undErhaltung von Kundenbindung durchInnovation, durch Direkt- und Co-Marketing und durch produkt-begleitendeDienstleistungen. Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß für die nie endende Aufgabe des Bemühens um die Markenloyalität und um Kundenbindung Veränderungen im Umfeld aufmerksam registriertwerden müssen, durch die sich das Arsenal der Möglichkeiten für die Markenpolitik wandelt und erweitert.Die Entdeckung der Langsamkeit begeistert zwar in der Belletristik, für dieVeränderungswirklichkeit des wirtschaftlichen Umfeldes heutiger Markenartikelist sie nicht geeignet. Es sind eine Vielzahlvon Faktoren, die diese Veränderungenbewirken. Es muß Markenstrategen zumBeispiel bewußt sein – insbesonderedenen, die Markenprodukte für den täglichen Bedarf herstellen und über die derzeitigen Handels- kanäle vertreiben –, daßdie gesellschaftspolitisch fundamentaleVeränderung durch die starke Flexibilisierung der Arbeitszeiten für die gesamte8Bevölkerung in diesem Lande die Tagesrhythmen, die Wochenzeitrhythmen, dieJahresarbeitszeitrhythmen verändert mitder Folge veränderter Lebensrhythmen,anderer Eßgewohnheiten, anderer Einkaufsbedürfnisse und vieles andere mehr.Es muß Markenstrategen bekannt sein,daß sich mit Blick auf die Markenartikelwirklichkeit der vergangenen Jahre dieErkenntnis verfestigt, daß nur mit Vorsprungsmarketing und durch Innovationgegenüber den „me too“-Fanatikern, denKopierern, auch den Handelsmarken Barrieren aufgebaut werden können, die sieam Aufschließen hindern. Es muß vonMarkenstrategen auch verinnerlicht werden, daß die eigentliche Zeitenwende amEnde dieses Jahrhunderts nicht durch denDatumssprung markiert wird, sonderndurch die Kommunikationstechnik. Dieüberall mögliche Erhältlichkeit von Datenzum Lesen, von Tönen zum Hören, vonBildern zum Sehen, damit von Impulsenfür die Meinungs- und Markenbildungverändert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Markenartikel mehr alsirgend eine Veränderung der vergangenen Jahrzehnte. Wenn sich jedoch dasUmfeld für den Aufbau oder die Erhaltungvon Markenloyalität so stark verändert,stellen sich viele neue Fragen, sind neueAntworten gefordert. Unsere Referentenwerden dazu beitragen.Wir werden drei Dialogpaare zu den angesprochenen Themen hören, wobei wirjedes Dialogpaar mit dem Vertreter derWissenschaft beginnen. Herr Twardawawird zuvor in einer kurzen Präsentationneueste unveröffentlichte Ergebnisse auseiner Fortsetzungsstudie zur Marken- und

Einkaufsstättenloyalität vortragen, unddanach eröffnet dann Herr Prof. Trommsdorff das erste Dialogpaar.9

NeuesteDaten zurMarken- undEinkaufsstättentreueVortrag Wolfgang Twardawa10Über die Bedeutung loyaler Kunden fürden Unternehmenserfolg und die Notwendigkeit der Kundenbindung besteht keinZweifel. Für die Planung, Steuerung undKontrolle von Kundenbindungsmaßnahmen sind jedoch ent-scheidungsunterstützende Informationen erforderlich, um Fragen zu klären wie: Wie kann Kundenbindung definiertund gemessen werden? Welche Kunden sind loyal? Welche Bedeutung haben treue Kunden für mein Unternehmen?Hier liegt ein wachsender Arbeitsschwerpunkt der GfK, sei es in der Verbraucherpanelforschung oder in der Customer-Satisfaction-Forschung. Dabei besteht eineenge Kooperation mit dem Lehrstuhl fürMarketing der Universität ErlangenNürnberg.Auf der Basis dieser Arbeiten möchte ichIhnen heute neueste Daten vorstellen.Die zentrale Zielgröße des wirtschaftlichen Handelns – ob auf Industrie- oderHandelsseite – ist nach wie vor der Mengen- oder Wertanteil in einem definiertenMarkt.Größe und Wachstum mißt sich amMarktanteil. Hohe Marktanteile bedeuteneine starke Stellung. So beherrschen z. B.die fünf größten Lebensmitteleinzelhändler 61 % des Marktes oder Effem dominiert mit einem Anteil von über 70 % denMarkt für Tierfertignahrung, um nur zweiBeispiele zu nennen.Was steht nun hinter den Marktanteilen,aus welchen Faktoren setzen sich diesezusammen?Der Marktanteil oder Share of Market istdas Resultat aus

1. der Käuferpenetration, d. h. wie vieleKäufer erreiche ich mit meinem Produkt oder meiner Dienstleistung,2. den Gesamtausgaben, d. h. wievielgeben diese meine Käufer insgesamt inder jeweiligen Warengruppe aus und3. dem „Share of Customer“, d. h. wieviel geben meine Käufer für mein Produkt bzw. meine Dienstleistung ausund wieviel lassen sie bei der Konkurrenz?Für die Sicherung des langfristigen Markterfolges ist ein hoher „Share of Customer“, also eine hohe Kundenbindung, derentscheidende Erfolgsfaktor. Untersuchungen haben belegt, daß es fünfmal teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen,als einen bisherigen zu halten.Obwohl dies den Marktbeteiligten inzwischen sehr bewußt geworden ist, werdendie Verbraucher weiterhin durch ständigePreisunterbietungen zur Schnäppchenjagderzogen. Die Konsequenz war und ist, daßdie Loyalität gegenüber der Marke, aberauch gegenüber dem Handelsgeschäft, indem der Konsument gewöhnlich einkauft,bröckelt.Wieviele Geschäfte besucht ein Haushalt für Güter des täglichen Bedarfs?(Abb. 1)Eine umfassende Analyse der GfK PanelServices zu diesem Thema zeigt, daß 1984der Verbraucher im Schnitt 9,8 Geschäfteim Verlauf von acht Monaten für den Kaufvon Gütern des täglichen Bedarfs aufgesucht hat, eingeschlossen Bäckereien undMetzgereien. In den vergangenen dreizehn Jahren ist die Zahl der Verkaufsstellen geschrumpft, allein im Lebensmitteleinzelhandel von 80.800 auf 55.500. Manhätte also erwarten können, daß die Zahlder besuchten Geschäfte eher rückläufigist. Dies ist überraschend nicht der Fall.Im Spektrum der Gesamtheit aller Warenkörbe nimmt die Zahl der frequentiertenEinkaufsstätten tendenziell zu. Heutebesucht ein Haushalt im Durchschnitt 10,8verschiedene Geschäfte, darunter achtLebensmitteleinzelhandesgeschäfte.So ist der Share of Customer im Durchschnitt über alle LEH-Geschäfte von13,5 % auf 12,5 % gesunken, d. h. 87,5 %seiner Einkäufe tätigt der Kunde imDurchschnitt bei der Konkurrenz.Bei obiger Betrachtung handelt es sich umdie zum Kauf sämtlicher Güter des täglichen Bedarfs aufgesuchten Einkaufsstätten. Vielfach ist jedoch eine warengruppenbezogene Analyse der Treue aufschlußreicher, zumal nicht jede Einkaufsstätte das gesamte Warenspektrum anbietet.Es gibt also nicht mehr „das“ Stammgeschäft, in dem mehr oder weniger alle Einkäufe abgedeckt werden, sondern mankauft Produkte unterschiedlicher Waren-11

Abb. 112

gruppen bzw. Warengruppenbereiche inverschiedenen Geschäften ein, z. B.Waschmittel bei Massa, Gemüse bei Tengelmann und Konserven bei ALDI. Bezogen auf einzelne Warengruppen kann esdagegen durchaus noch eine ausgeprägteEinkaufsstättentreue geben.Auch den Hersteller interessieren primärnur die Treuedaten der eigenen Produktgruppe, da sich der Wettbewerb zwischenkonkurrierenden Marken in der Regel aufeine Warengruppe beschränkt. Aus diesem Grund haben wir untersucht, wie viele Geschäfte ein Haushalt für Käufe ineiner Warengruppe aufsucht bzw. wie viele Marken er durchschnittlich pro Warengruppe kauft.In wievielen Geschäften bzw. wieviele Marken kauft ein Haushalt innerhalb einer Warengruppe? (Abb.2)Bezogen auf einzelne Warengruppenergibt sich demnach ein anderes Bild: Hierbeschränken sich Haushalte durchschnittlich auf nur 3,0 Einkaufsstätten bzw. 2,9Marken. Pro Warengruppe ist offenbarnur ein kleiner Teil der insgesamt besuchten Einkaufsstätten relevant.Aber auch hier liegt der durchschnittlicheShare of Customer bei relativ geringen 33bis 34 %.Um die Bedeutung des Share of Customerfür Hersteller wie Händler zu verdeutlichen, greifen wir uns aus den 28 hieruntersuchten Warengruppen die Produktgruppe Universalwaschmittel heraus.Die Bedeutung des „Share of Customer“ für den Hersteller am BeispielPersil Waschmittel (Abb.3)Der Waschmittelmarkt erreicht 1997 einUmsatzvolumen von 2 Mrd. DM. Persilals führende Marke wurde von fast jedemzweiten Haushalt gekauft. Diese PersilKäufer haben insgesamt 1 Mrd. DM fürWaschmittel ausgegeben, davon 436 Mio.DM für Persil, d. h. der Share of Customerliegt für Persil bei 43 %. Um den Marktanteil von jetzt 20,9 % zu erhöhen, liegtdas primäre Potential für Persil in der Ausschöpfung des grauen Bereichs (Marktpotential). Jeder Prozentpunkt mehr Share ofCustomer bringt für Persil 10 Mio. Zusatzumsatz oder 0,5 Marktanteils-Prozentpunkte.Wie sieht das entsprechende Bild für dieEinkaufsstättenbindung am Beispiel desMarkendiscounters Plus aus?Die Bedeutung des „Share of Customer“ für den Handel am BeispielPLUS bei Waschmittel (Abb.4)Hier ist das Kundenpotential von 259 Mio.DM an Waschmittel-Ausgaben der PLUSKäufer nur zu durchschnittlich 24 % ausgeschöpft. Das heißt, fast drei Viertel allerWaschmittel-Ausgaben tätigen die PLUSKunden bei der Konkurrenz.Hinter diesem Durchschnittswert stehennatürlich auch Kunden, die eine höhereLoyalität zu PLUS haben. Es ist deshalbsinnvoll, sich die schon heute loyalenKonsumenten zu betrachten.13

Abb. 2Abb. 314

Abb. 4Abb. 515

Dazu haben wir alle Haushalte, dieWaschmittel im Laufe des Jahres 1997 beiPLUS gekauft haben, gemäß ihrerBedarfsdeckungsraten – den Share ofCustomer von Plus an den Gesamtausgaben für Waschmittel – in Treueklasseneingeteilt.Die Bedeutung des „Share of Customer“ für PLUS bei Waschmittel(Abb.5)Von allen PLUS-Käufern decken 76 %ihren Waschmittelbedarf zu weniger alsder Hälfte über PLUS. 17 % decken sichzu 50 bis 90 % über PLUS ein und generieren 31 % des Waschmittelumsatzes vonPLUS. Die treuesten 7 % der Haushalte,die zwischen 90 und 100 % ihres Waschmittelbedarfs über PLUS decken, stehenfür 11 % des Waschmittelumsatzes beiPLUS. Als Stammkunden können die24 % aller Kunden gesehen werden, diesich zu mehr als 50 % mit Waschmittelnbei PLUS eindecken.Je höher dieser Wert, desto geringer sindUmsatzschwankungen oder die Gefahrvon Umsatzeinbrüchen.Treue Stammkunden bestimmen undsichern letztlich den Erfolg einer Markeoder Einkaufsstätte.Während die Hersteller eine hohe Markentreue anstreben, liegt die Zielsetzungdes Handels in der Bindung des Kundenan sein Geschäft, also Einkaufsstättentreue. So gesehen sind Handel und Hersteller in ihrem Werben um den Verbraucher auch Antipoden.16Tatsächlich zeigen aber unsere Befunde,daß es gerade die markentreuen Kundensind, die auch einkaufsstättentreu einkaufen.Es gibt wohl einen „Grundbedarf“ desVerbrauchers an Treue und Loyalitätsowohl zur Marke als auch zur Einkaufsstätte. Dies wird deutlich, wenn man dasVerbraucherverhalten hinsichtlich Markentreue und Einkaufsstättentreue inKombination analysiert.Korrelation EinkaufsstättentreueMarkentreue (Abb.6)Es ergibt sich ein Segment, das 52 % allerVerbraucher einschließt, die im Grundeimmer die gleiche Marke in einer Warengruppe im gleichen Geschäft einkaufen.Weitere 15 % der Verbraucher sind primärmarkentreu und kaufen die bevorzugteMarke in wechselnden Geschäften. 17 %der Verbraucher sind primär einkaufsstättentreu und wechseln eher die Marke.Tatsächlich befinden sich Handel undHersteller – auch mit angemessenen Preisen – nicht in einer kontroversen Positionim Werben um den Verbraucher. Mehrheitlich vom Käufer bevorzugt wird offenbar die Situation – und dies hat sicherlichauch mit Einkaufskomfort zu tun –, seinepräferierte Marke immer in seinemStammgeschäft zu kaufen, wobei dasStamm-geschäft warengruppenbezogengesehen wird. Im Falle eines Konfliktesverlieren beide. Wir konnten dies beobachten, als 1996 verschiedene Handelsorganisationen Procter-Marken ausgelistethaben.

Je höher die Markenbindung war, destogrößer war auch die Abwanderung derKäufer zu anderen Einkaufsstätten. DasAuslisten einer starken Marke kommtdamit dem Auslisten eines loyalen Verbrauchers gleich.Vor diesem Hintergrund müßte dieDiskussion zwischen Industrie und Handel über die Frage, wem gehört der Käufer, dem Hersteller oder dem Händler,anders gestellt werden. Die Frage ist vielmehr, wenn wir über den loyalen Verbraucher sprechen, gehört z. B. Persil bzw. dieEinkaufsstätte, in welcher dieser loyalPersil einkauft, nicht diesem loyalen Verbraucher, so wie es Herr Wiezorek für seine treuen Coca-Cola- Käufer auf dem letzten Markendialog sehr treffend formulierthat.Dann nämlich sind Hersteller und Handeldiesen Verbrauchern verpflichtet undhaben alles zu tun, diesen loyalen Verbrauchern die beste Alternative im Marktzu bieten. Dies heißt, daß der Kaufaktnicht den Abschluß einer Kundenbeziehung, sondern den Beginn einer Kundenbeziehung bedeutet.Hat sich dieses Denken in RichtungBeziehungs-Marketing schon soweitdurchgesetzt, daß sich Reaktionen derKonsumenten bereits messen lassen?ist. Dagegen ist auf der EinkaufsstättenSeite die Trendwende noch nicht geschafft.In diesem Zusammenhang stellt sich dieFrage, wie stabil ist die Position des Markenartikelherstellers vor allem auchgegenüber der Handelsmarke.Herstellermarken versus Handelsmarken /ALDI (Abb.8)Herstellermarken und Handelsmarkeninkl. ALDI verfolgen wir für dreizehn ausgewählte Warengruppen bereits seit nunmehr 23 Jahren.Zwischen 1975 und Anfang der 80er Jahrebeobachten wir eine deutliche Verschiebung: Der Anteil der Hersteller-markenging von ursprünglich ca. 90 % auf etwa80 % zurück; die Handelsmarke hat in diesem Zeitraum gewonnen. Entgegen allerangeblichen Dramatik, über die wir oftmals lesen, hat sich danach wenig verändert. Im letzten Jahr konnten die Herstellermarken gegenüber den Handelsmarken– bezogen auf die analysierten dreizehnWarengruppen – ihre Position behaupten.Zur Entwicklung der Handelsmarken hatganz wesentlich ein Handelsunternehmenbeigetragen, nämlich ALDI.Entwicklung des „Share of Customer“(Abb.7)Die Entwicklung des „Share of Customer“– als Durchschnitt über 127 Marken aus28 FMCG-Warengruppen hinweg – zeigt,daß offensichtlich die Erosion gestoppt17

Abb. 6Abb. 718

Abb. 819

Handelsmarken/ALDI (Abb.9)ALDI hat mit seinen Handelsmarkeneinen mengenmäßigen Anteil von 13,4 %und aktuell Marktanteile verloren. DieHandelsmarken erreichen mit 7,3 %Anteil in 1997 die Bedeutung, welche sieauf dem Höhepunkt der No Names-Wellein 1983 hatten. Damals wie auch heutezeigt sich, daß offensichtlich ALDI wieder an Handelsmarken verliert, die in derEinstiegspreislage bei anderen Absatzmittlern, insbesondere den Discountern,angeboten werden.Aus der Sicht der Markenartikelindustriesind wachsende Handelsmarkenanteile,auch wenn diese ihre Gewinne überwiegend von ALDI holen, eine größere Herausforderung und Bedrohung als dasALDI-Angebot selbst, da jetzt der unmittelbare Vergleich im Outlet stattfindet.Bei ALDI war man als Markenartiklernicht gelistet, konnte damit auch nichtgekauft werden. So wurde das PhänomenALDI von den Herstellern primär als einProblem des Handels gesehen.Die Antwort der Herstellermarken auf dieneue Herausforderung durch die Handelsmarken kann nur in einem höheren Shareof Customer über die Profilierung und diebessere Alternative liegen.Das Thema dieser Tagung zeigt, daß sichdas Marketing-Verständnis wandelt:Vom Marktanteilsdenken in RichtungKundenorientierung oder RelationshipMarketing.War es bisher das Ziel „to make a sale“heißt die Aufgabe heute „to create a customer“.20Der Verkauf ist nicht der Abschluß einerKundenbeziehung, sondern stellt vielmehr den Beginn einer Kundenbeziehungdar.Das Geschäft wird derjenige machen, derdieses neue Denken marketingmäßig ambesten umzusetzen versteht.Und die GfK liefert mit dem „Share ofCustomer“ die entscheidende Information, um Erfolg meßbar zu machen.

Abb. 921

T H E M A1

KundenbindungdurchInnovationVortrag Prof. Dr. Volker TrommsdorffGutes Marketing zielt längst nicht mehrauf den einzelnen Verkauf, sondern aufdie dauerhafte Kundenbeziehung. Eineeinfache Hochrechnung macht klar, umwelche Ertrags-Größenordnung es geht,wenn ein Kunde lebenslang gehalten werden kann. Man braucht nur seine Lebenserwartung mit seinem produktspezifischen Jahresbedarf in durchschnittlichenPreisen zu multiplizieren, meinetwegennoch abzuzinsen. Bei Autos kommt manauf über 300.000 DM, im Lebensmitteleinzelhandel auf eine halbe Million undein deutscher Biertrinker bringt leicht20.000 bis 100.000 DM in die Kasse.Davon geht durch Markenwechsel eingroßer Teil an die Konkurrenz.Wenn Marketing zum regelmäßigenWiederkauf einer Marke führt, entsteht alsoviel kundenspezifisches Kapital. Diebetriebswirtschaftliche Frage ist: Was mußman dazu tun? Die Theorie nennt zahlreiche Faktoren, die Markentreue erklären,und sie liefert Ansätze zur Beeinflussungdieser Faktoren durch Marketingmaßnahmen. Drei Faktoren davon sind Gegenstanddieses Markendialogs, außer Direktmarketing und Dienstleistung auch Innovation.Kundenbindung durch Innovation: Wiewirkt Produktinnovation auf die Markentreue? Hier ist also nicht gefragt: Wiewirkt Innovation auf Umsatz, Marktanteil,Deckungsbeitrag usw., eine Frage, dieganz anders zu beantworten wäre.Inwieweit ist die regelmäßige Modellinnovation der Automarke VW oder derAufdruck „Neu – jetzt probiotisch“ aufJoghurtbechern förderlich und Voraussetzung für Markentreue? Solche Fragen lassen sich durch spezifische Marktfor-23

schung im ganz speziellen Fall klären,also spezifisch für ein Produkt, einenMarkt, eine Zielgruppe und eine Konstellation aus Marktentwicklung, Wettbewerbund Umfeld. Das wäre jedesmal einumfangreiches Projekt, und es kann nichtmeine Aufgabe sein, hier Ergebnisse einessolchen Projekts vorzutragen.Ein Weg, das Thema wissenschaftlichfundiert und praktisch relevant zu behandeln, ist eine systematisch differenzierte,allgemeine Beantwortung der Frage:„Welchen Beitrag kann Produktinnovation zur Kundenbindung und Markentreuebeitragen?“ Ich werde das versuchen und beginnemit einigen Beispielen, die die großeSpannweite der zu unterscheidendenFälle verdeutlichen sollen. Dann werde ich notwendige Diffe-renzierungen der Begriffe Markentreueund Innovation einführen. Anschließend werde ich einige Aussagen aus der Theorie des Konsum-verhaltens entnehmen, die Hinweisegeben, wann und wie Innovationen dieMarkentreue beeinflussen. Darauf aufbauend möchte ich einigekonkrete Ansätze der Innovationspolitik für Markentreue erläutern. Schließlich werde ich noch kurz aufnotwendige Analysen durch Marktforschung eingehen, die derartige Entscheidungen unterstützen können.24

1. Beispiel:L VW-Käfer zehn Jahre vor dem und biszum ersten GolfJ Iacocca: Bei allen Automarken wächstdie Größe des Autos von Modell zuModell.Abgesehen davon, daß die vielleicht in Zeiten des Wertewandels, derStagnation und der Arbeitslosigkeit nichtmehr so gilt wie bei Chrysler in den 80erJahren: Innovation kann dafür sorgen, daßdie Marke mit den Lebensphasen der Zielpersonen mitwächst. Die Gefahr desAbw,anderns zu Fremdmarken kann unterUmständen durch „mitwachsendes Innovieren“ abgewendet werden. Das Problemdabei ist die Gewinnung und Bindung dervon unten nachwachsenden Segmente, fürdie der Golf als Einsteigermodell schon zugroß ist. Man brauchte dazu den Polo –Innovation als Folge einer Markenbindungsstrategie, nicht als Ursache der Markenbindung.2. Beispiel:J Nivea hat es durch diversifizierendeInnovationen und brand extention geschafft, nicht nur neue Kundensegmentezu erschließen, sondern wohl auch dieBindung von Kunden an die DachmarkeNivea zu erhöhen. Nivea verfolgt einekundenbindende Kombination von Markenkonstanz (Dachmarke) und Markeninnovation (neue Subbrands).25

3. Beispiel:L Relaunch-Geschichten vieler Markenwie Camel oder König-Pilsener zeigen:Positionierungs-„Innovation“ mit Verletzung der Selbstähnlichkeits-Prämisse sindgefährlich. Der Markenkern kann durchInnovation gefährdet werden.4. Beispiel:J Es gibt unendlich viele Beispielebehutsamer Positionierungs-Innovationen: Maggi, Persil, Berliner Zeitung,Greenpeace, Jägermeister, DeutscheBahn, Wienerwald, Telekom, DeutscheBank, Hohes C, Kirche, Junghans, Deutsche Werbewissenschaftliche Gesellschaft usw. Das sind alles Beispiele, diezeigen, wie man das angebliche Gesetzdes Markenlebenszyklus ad absurdumführen kann, durch Veränderungen,sagen wir z.B. behutsame Positionierungs-Innovationen, für Kundenbindung. Hier wird innoviert durch Umpositionierung – ent-sprechend den Veränderungen der Zielgruppen oder des Wettbewerbs.Gegenbeispiele:L 4711 ist mit seiner Zielgruppe alt underfolglos geworden — hatte nie innoviert.J Klosterfrau Melissengeist ist erfolgreich alt geblieben, hatte auch nicht innoviert.5. Beispiel:J „Jetzt noch besser – Dr. Perl Junior:Durch stetige Forschung ist es unsererEntwicklungsabteilung gelungen, denWirkungsgrad der Aktivkohle erheblichzu verbessern. Probieren Sie selbst. Höhe-26re Reduktionskraft geringerer Zugwiderstand mehr Rauchgenuss“. (Pardon, ich bin Pfeifenraucher.)J FAZ vom 10. 2. 98: Öger will demWettbewerber stets mehrere Züge voraussein. Der größte deutsche Veran-stalter fürTürkei-Reisen setzt jetzt auf den Wachstumsmarkt Kuba. Innovation durch Qualitätssteigerung und Leistungsvermehrunghat kundenbindende Wirkung, wenn dieKunden einen Nutzenvorteil wahrnehmen, der die Marke über den Wettbewerber hinaushebt.6. Beispiel:J Innovative „probiotische“ Joghurtmarke:Fraglos geht es bei solchen Markeninnovationen primär um Neukundengewinnung durch einen innovativen kom-parativen Konkurrenzvorteil, allenfalls sekundär um Kundenbindung. Interessant istdie Frage, ob durch ein neues alleinstehendes Produktmerkmal auch Markentreue generiert wird oder nur Marktanteil,ein Ziel, das bei Markeninnovationen inder Praxis absolut im Vordergrund steht.Produktmanager demonstrieren ihrenErfolg mit direkt vorzeigbaren Marktanteilen, kaum mit Kundenbindungs-Indkkatoren.7. BeispielJ Intel Inside:Eine innovative Technologiemarke wirdals „ingredient Brand“ positioniert. Überden Marktsog bei PC-Herstellern wirdderen Kundenbindung erzeugt, undzugleich die von Intel.

8. Beispiel:Viele weitere Marken profilieren sich überInnovationsthemen wie „Forschung“,„Fortschritt“ oder schlicht „Innovation“(wie Siemens oder Audi oder eine internationale Handelskette, die sich sogar „Innovation“ nennt).Genug der Beispiele. Um systematisch anmein Thema heranzugehen, muß ich jetzt1) Ökonomische Verhaltensebene Wiederholkäufe Weiterempfehlung2) Psychologische Verhaltensebene(Intervenierende psychische Konstrukte): Gebundenheit Treue Vertrauen ZufriedenheitÜbliche Operationalisierungen für dieerste Gruppe sind zahlreiche Markentreu-seine Schlüsselbegriffe präzisieren unddifferenzieren.Begriff Kundenbindung/MarkentreueDas Ziel ist Wiederkaufverhalten und dauerhafte Geschäftsbeziehung. Man mußdieses Ziel auf jeden Fall zu seiner Operationalisierung in zwei Zielgruppen differenzieren:eindikatoren und für die zweite Gruppezahlreiche Einstellungs- und Zufriedenheitsindikatoren. Natürlich sollen die ökonomischen Ziele erreicht werden, aber dieAnsatzpunkte dazu, ob und wie man Kundenbindung durch Markeninnovationerreichen kann, liegen bei den psychologischen, den „intervenierenden“ Variablendes Konsumentenverhaltens.27

Wer soll eigentlich gebunden werden? Damuß man unterscheiden:1) Individuelle Bindung an Markea) innerhalb der Lebensphase, b) über dieLebensphasen hinweg,2) aggregierte Zielgruppenbindunga) innerhalb der Kohorte, b) über dieKohorten hinweg.Diese Bindungsarten und die entsprechende Markenpolitik sind recht verschiedenartig.1a: Der einzelne Kunde ist markentreu,solange er der betreffenden Lebensphase angehört (Diesel, Boss)1b: Der Einzelne ist unabhängig von denLebensphasen markentreu, und die28Marke ermöglicht das, indem sienicht altersspezifisch selektiv segmentiert (Golf, Yamaha)2a: Marktsegmente sind geschichtlicheKohorten, die über die Zeit hinweg dabei bleiben (Volvo für die70er-Jahre-Familiengründer, HarleyDavidson für die Easy-Rider-Generation)2b: Das Marktsegment weist unabhängig von der zeitlichen Entwicklunghohe aggregierte Markentreuewerteauf (Marlboro hat einen stetiggewachsenen Kundenstamm, HBaber nicht).

Außerdem kommt es sehr darauf an, obdie Bindung an eine Firmenmarke, eineDachmarke, eine Markenfamilie, eineEinzelmarke oder an einen einzelnen Markenartikel gemeint ist.Je höher die Aggregationsstufe der Markeist, an die der Kunde gebunden werdensoll, umso eher ist es möglich, den Kunden durch Innovation auf den Produktebenen unter der Marke zu binden. DiesePolitik verfolgt zum Beispiel Siemens.Innovationen einer Einzelmarke bergendagegen die Gefahr, daß der Markenkerndabei verlorengeht und die markentreuenKunden nicht trotz, sondern wegen derInnovation abwandern.Zusammenfassend: Damit muß schon derBegriff Markentreue für das Thema Innovation und Markentreue ziemlich weitgehend differenziert werden, zumindestnach den Dimensionen.29

individuell versus zielgruppenspezifisch innerhalb einer Lebensphase oder überdie Phasen hinweg innerhalb einer Kohorte oder über dieKohorte hinweg30 auf niedriger oder hoher Aggregationsstufe der Marke.Es wird sich zeigen, daß weitere Differenzierungen notwendig sind, besondersbeim Begriff Innovation.

Begriff Innovation objektiv/subjektiv:Aus Marketingsicht kommt es auf diesubjektive Neuartigkeit an; sie kann,aber muß nicht eine objektiv-technische Neuheit einschließen. Damit isteine Änderung des emotionalen Profilseiner Marke für das Markenmanagement selbstverständlich eine Innovation. Subjektiv könnte auch bedeuten:für das Unternehmen neu. Für meinThema kommt es aber weniger auf dieNeuartigkeit für das Management an,obwohl das ein wichtiger Erfolgsfaktorfür das Innovationsmanagement ist.Wir reden hier aber nicht über Erfolgund Mißerfolg von Innovationen, sondern über den Einfluß von Markeninnovationen auf die Markentreue undKundenbindung. Market pull oder Technology pushDie Kategorie hängt damit zusammen, ob der Zweck (der Kundennutzen) neu ist oder das Mittel (die Marke) oder beides. Haben vorhan-denealte Kunden ein neues Bedürfnis(Zweck neu), zieht der Markt alsoeine Innovation an, dann kann Kundenbindung durch den „KKV“ entstehen, das heißt durch den vom eil“. Liegt dagegeneine neue technische Lösung vor(Mittel neu), die ein Kundenproblemsucht und vielleicht findet, dann istNeukundengewinnung wahrscheinlicher als Kundenbindung. Innovationsgrad (wahrgenommeneNeuartigkeit!)Sehr geringfügige Innovationen bewirken wenig, schaden der Kundenbindung aber auch wenig. RevolutionäreInnovationen können den kundenbindenden Markenkern zerstören. DerInno

Wieviele Geschäfte besucht ein Haus-halt für Güter des täglichen Bedarfs? (Abb. 1) Ei eum f as dA ly rGKP S erv ic s z dmTh agt, ß1984 d erV bau cimS n t9,8Gs äf imV erl aufv o nch tM d K vo nGü erd sä glich B afu - uchta, ei ng lo Bäkr d Mtz g rin. I dv a - z ehnJ ar stdZ