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Existenzgründung im WandelDIHK-Gründerreport 2012Zahlen und Einschätzungender IHK-Organisation zum Gründungsgeschehenin Deutschland

Mit dem DIHK-GRÜNDERREPORT legt der DIHK jährlich eine Einschätzung der IHK-Organisationzum Gründungsgeschehen in Industrie, Handel und den Dienstleistungsbranchen in Deutschlandvor. Grundlage für die DIHK-Aussagen sind Erfahrungsberichte der IHK-Existenzgründungsberater aus den 80 IHKs sowie eine statistische Auswertung zum IHK-Gründerservice.Insgesamt fußt der DIHK-Gründerreport 2012 auf über 320.000 Kontakten von IHK-Existenzgründungsberatern mit angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern. Die vorliegendeUntersuchung erfasst einen Großteil des Gründungsgeschehens in Deutschland.Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.Bereich Wirtschaftspolitik, Mittelstand, Innovation – Berlin 2012Herausgeberund Copyright Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.DIHK Berlin:Postanschrift: 11052 Berlin Hausanschrift: Breite Straße 29 Berlin-MitteTelefon (030) 20 308-0 Telefax (030) 20 308 1000Internet: www.ihk.deRedaktionDIHK – Bereich Wirtschaftspolitik, Mittelstand, InnovationDr. Marc EversISSN1869-7704StandApril 2012Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mitausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet.

Existenzgründung im Wandel – das Wichtigste in KürzeGründungsinteresse deutlich gesunken . 8,7 Prozent weniger Personen erkundigten sichim Jahr 2011 bei IHKs zur Existenzgründung – der stärkste Rückgang seit Erstellung derStatistik zum IHK-Gründerservice im Jahr 2002. Sinkende Arbeitslosigkeit, zunehmenderFachkräftemangel und die demografische Entwicklung haben zu deutlich nachlassendemGründungsinteresse geführt. Insgesamt unterstützten die IHKs angehende Gründer mit329.591 Einstiegsgesprächen und Beratungen zum Geschäftskonzept, nur im Jahr 2008waren es weniger. Immerhin beobachteten die IHKs in den Geschäftskonzepten nicht mehrganz so viele Defizite. wegen sinkender Arbeitslosigkeit. Zumeist steht drohende Erwerbslosigkeit hinter denGründungswünschen, so bei 63 Prozent der Teilnehmer an IHK-Gründungsberatungen. Somit sinkt bei Rückgang der Arbeitslosigkeit und gestiegener Arbeitsplatzsicherheit traditionell auch die Neigung, ein Unternehmen zu gründen. Bessere wirtschaftliche Chancen wirken hingegen kaum als Treiber des Gründungsgeschehens. und zunehmenden Fachkräftemangels. Zunehmender Fachkräftemangel dämpft geradein wirtschaftlich guten Zeiten das Gründungsinteresse. Viele Fachkräfte haben eine guteVerhandlungsposition und ziehen eine gut dotierte abhängige Beschäftigung dem „Abenteuer Selbstständigkeit“ vor. In einigen Regionen im Osten sank die Zahl der Gründungsgespräche sogar um bis zu 30 Prozent. Aufgrund der voranschreitenden demografischen Entwicklung gibt es dort immer weniger gründungsinteressierte junge Menschen.Gründungen könnten 2012 auf Rekordtief sinken. 70 Prozent der IHK-Existenzgründungsberater erwarten ein weiter sinkendes Gründungsinteresse, lediglich fünf Prozent eine Zunahme. Aufgrund der IHK-Einschätzungen rechnet der DIHK damit, dass es im Jahr2012 weniger als 400.000 Existenzgründungen geben wird – und damit so wenig Gründungen wie in keinem Jahr zuvor seit der Wiedervereinigung.Starkes Gründungsinteresse von Frauen. Seit 2004 ist der Anteil der Frauen in der IHKGründungsberatung von 31 auf 41 Prozent gestiegen. Insgesamt wurden im Jahr 2011rund 30 Prozent aller neuen Unternehmen von Frauen gegründet. Offensichtlich nehmenmehr Frauen als Männer nach dem ersten Anlauf von einer Gründung Abstand. Insgesamtbeobachten die IHKs, dass Frauen ihre Gründungsprojekte besonders reiflich überlegen.Sonderkonjunktur durch Reform des Gründungszuschusses für Arbeitslose. Zum Jahresende 2011 wurde der Zugang zum Gründungszuschuss erschwert. Im Vorfeld stieg der Zulauf von Gründern, die ihre IHK um Prüfung ihres Geschäftskonzeptes auf Tragfähigkeit ersuchten und sich noch eine Chance auf den Zuschuss zu den alten Konditionen erhaltenwollten. Ohne diese Sonderkonjunktur wäre die Zahl der von den IHKs geführten Gesprächemit Existenzgründern vermutlich noch stärker gesunken. Im Jahr 2011 gaben die IHKs19.371 Stellungnahmen für Förderanträge arbeitsloser Gründer ab.Jüngere Existenzgründer – ein Schatz, der zu heben ist. In den letzten fünf Jahren ist derAnteil der unter 30-jährigen in der IHK-Gründungsberatung leicht angestiegen – er beträgtetwas über ein Fünftel. Viele jüngere Gründer gehen ihr Projekt motiviert, aber bisweilenübereilt an. Oft bestehen Lücken in den Geschäftskonzepten. Das Potenzial der jüngerenExistenzgründer könnte noch besser aktiviert werden. Gerade Deutschland ist auf klugeKöpfe mit innovativen Ideen angewiesen. „Unternehmerische Selbstständigkeit“ sollte stärker und bundesweit in den Schullehrplänen verankert werden.

Sieben Punkte für mehr Unternehmensgründungen in DeutschlandMit der Vielzahl der Gespräche, Beratungen und Stellungnahmen für Existenzgründer leisten dieIHKs einen bedeutsamen Beitrag zum Gründungsgeschehen. Aus ihrer Praxiserfahrung herausrichtet die IHK-Organisation folgende Empfehlungen an die Politik (Seite 16-19):1. Thema „Selbstständigkeit“ systematisch im Bildungssystem verankernNationale Gesamtstrategie zur Verankerung des Themas „Unternehmertum“ im Bildungssystem entwickeln und umsetzen2.-Gründungsfinanzierung verbessernBei Basel III Risikogewichte für kleine und mittlere Unternehmen reduzierenHandlungsspielraum der Bürgschaftsbanken stärkenTragfähigen gesetzlichen Rahmen für Investoren von Beteiligungskapital schaffenBegrenzung des Verlustvortrages lockern3. Kostenbesteuerung bei Gewerbesteuer abschaffen- Hinzurechnung von Mieten, Zinsen, Pachten, Leasing-Raten, Lizenzausgaben streichen4.-Förderung für arbeitslose Existenzgründer weiterentwickelnEinführung von Darlehenselementen prüfenÜber Fortgewährung des Gründungszuschusses Arbeitsagenturen entscheiden lassenFörderinstrumentarium für ALG II-Empfänger verbessern5. Bürokratie für Existenzgründer abbauenIHKs das Angebot der rechtsgültigen Gewerbeanzeige ermöglichen- Gründern vierteljährliche (statt monatliche) Umsatzsteuervoranmeldung erlauben- Formular „Einnahme-Überschussrechnung“ abschaffen- Steuerliche Kleinunternehmergrenze erhöhen- Gründungen in ehemals privat genutzten Räumen vereinfachen- Bestandsschutz für Genehmigungen einräumen- Betriebsübergang vereinfachen- Regelungen zur Künstlersozialversicherung verschlanken6. Kommunale Satzungen von unverhältnismäßigen Belastungen befreien- Existenzgründer nicht gegenüber etablierten Unternehmern benachteiligen- Unverhältnismäßig hohe Gebühren vermeiden7. Eltern die Selbstständigkeit erleichtern- Bessere Kinderbetreuungsangebote anbieten

InhaltSeiteIIIIHK-Service für Gründer – Übersicht in Zahlen Gründungsinteresse deutlich gesunken2 Mancherorts bis zu 30 Prozent weniger Gründungsgespräche2 Hoffnungen nicht erfüllt2 Arbeitslosigkeit - Triebfeder für das Gründungsgeschehen3 Sonderkonjunktur durch Reform der Gründungsförderung3 Deutlich weniger Einstiegsgespräche4 Existenzgründung im Wandel4 Auch weniger Beratungen zum Businessplan5 Gegen den Trend: mehr Gründercoachings5 Häufiger Karrierewunsch: vom Arbeitslosen zum Unternehmer7 IHK-Hilfe bei Förderprogrammen - zumeist für arbeitslose Gründer 8 Branchenvergleich: Dienstleistungen bevorzugt9 Weniger neue Finanzdienstleister und Gastwirte9 Gründungsinteressierte: Frauen holen auf11IHK-Prognose Existenzgründung IIIAusblick 2012: Gründungsinteresse sinkt weiterGeschäftskonzepte IV1Businesspläne: nicht mehr ganz so viele DefiziteEXISTENZGRÜNDER „U30“1212131314 Jüngere Gründer – Anteil steigt leicht14 Viele motiviert, oft aber übereilt14 Potenziale besser heben15VEmpfehlungen der IHK-Organisation16VIDIHK-Veröffentlichungen zu Existenzgründung20

DIHK-Gründerreport 2012IIHK-SERVICE FÜR GRÜNDER– ÜBERSICHT IN ZAHLENIHK-Gründerservice 2011 – auf einen 6.376Stellungnahmenzu FörderanträgenTeilnehmer Sprechtagemit Partnern-9,1%-12,4%36.246Teilnehmer IHKGründungsberatungTeilnehmerbundesweite IHKAktionen*296.71531.740Teilnehmer IHKGründerseminareIHK-Einträge 93.888 11: bundesweite IHK-Aktion zur Gründungsfinanzierung17.11.2010: bundesweite IHK-Aktion zum Marketing für Existenzgründer1

DIHK-Gründerreport 2012Gründungsinteresse deutlich gesunken(IHK-Gespräche mit 330.000329.591320.174300.0002002200320042005Das Interesse an einer Unternehmensgründung istim Jahr 2011 deutlich gesunken. 8,7 Prozent weniger Personen erkundigten sich bei den Industrieund Handelskammern (IHKs) zu einer Existenzgründung in der Industrie, im Handel oder denDienstleistungsbranchen. Damit verzeichneten dieIHKs den stärksten Rückgang an Gesprächen mitExistenzgründern seit Erstellung der Statistik zumIHK-Gründerservice im Jahr 2002. Insgesamt führten die IHKs 329.591 Einstiegsgespräche und Beratungen zum Geschäftskonzept, nur im Jahr 2008waren es weniger. Insbesondere für das zweiteHalbjahr 2011 berichten die IHKs von einem deutlichen Rückgang des Gründungsinteresses.Mancherorts bis zu 30 Prozent wenigerGründungsgesprächeDas nachlassende Gründungsinteresse ist den IHKErfahrungen zufolge vor allem auf die verbesserteSituation am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Denn:Drohende Erwerbslosigkeit ist in DeutschlandHauptmotiv der meisten Existenzgründungen.Hinzu kommt, dass der zunehmende Fachkräftemangel das Gründungsinteresse gerade in wirtschaftlich guten Zeiten dämpft – viele qualifizierteFachkräfte haben eine gute Verhandlungsposition200620072008200920102011und ziehen eine gut dotierte abhängige Beschäftigung dem „Abenteuer Selbstständigkeit“ vor. Ineinigen Regionen im Osten sank die Zahl der Gründungsgespräche sogar um bis zu 30 Prozent. Ausschlaggebend ist dort in erster Linie aber die ungünstige demografische Entwicklung. So liegen dieSchulabgängerzahlen um 50 Prozent niedriger alsnoch vor wenigen Jahren 1 . Trotzdem: Von keineranderen Organisation im deutschsprachigen Raumsind ähnliche Fallzahlen zur Beratung von Existenzgründern bekannt.Hoffnungen nicht erfülltGründer aus Pioniergeist bleiben hierzulande eineMinderheit. Über 60 Prozent der Teilnehmer anIHK-Gründungsberatungen wollen aus der Arbeitslosigkeit heraus starten. Das Existenzgründungsgeschehen folgt wieder dem für Deutschland typischen Pfad: Bei weniger Arbeitslosen und steigender Beschäftigungssicherheit sinkt auch die Zahlderer, die sich eine selbstständige Existenz aufbauen möchten.1Beschäftigungschancen steigen – Fachkräftesicherung im Fokus derRegionen, DIHK, März 2012.2

DIHK-Gründerreport 2012Arbeitslosigkeit - Triebfeder für das Gründungsgeschehen5.400.000Erwerbslose (links)420.000IHK-Gespräche mit Existenzgründern 05200620072008200920102011Quelle: Bundesagentur für Arbeit, DIHK-GründerreportDamit gilt auch: Bei guter Konjunktur wirken diebesseren wirtschaftlichen Chancen kaum als Treiber des Gründungsgeschehens. Im Jahr 2010 deutete sich erstmals seit Jahren eine andere Entwicklung an – bei rückläufiger Arbeitslosigkeit suchtenmehr Personen den IHK-Gründerservice auf. Hoffnungen auf eine Entkopplung des Gründungsgeschehens von der Entwicklung der Arbeitslosigkeithaben sich allerdings zumindest im Jahr 2011nicht erfüllt.Sonderkonjunktur durch Reform derGründungsförderungZum 28. Dezember 2011 wurde der Zugang zumGründungszuschuss für gründungswillige Empfänger des Arbeitslosengeldes (ALG I) erschwert. Bereits im Mai wurden die Änderungen von der Bundesregierung auf den Weg gebracht. In der Folgebeobachteten IHKs einen steigenden Zulauf vonGründern, die ihre IHK um Prüfung ihres Geschäftskonzeptes auf Tragfähigkeit ersuchten undsich eine Chance auf den Zuschuss zu den altenKonditionen erhalten wollten. Ohne diese durchdie Reform ausgelöste Sonderkonjunktur wäre dieZahl der von den IHKs geführten Gespräche mitExistenzgründern noch stärker eingebrochen.Gründungszuschuss für Bezieher von Arbeitslosengeld (ALG I)Mit dem Gründungszuschuss wird Empfängern desALG I für die erste Zeit als Existenzgründer eineHilfe zum Lebensunterhalt gewährt. In einer erstenPhase können Gründer eine Förderung in Höhe desALG I zuzüglich 300 Euro monatlich erhalten. Ineiner zweiten Förderphase ist noch die Pauschalevon 300 Euro möglich. Für den Erhalt des Gründungszuschusses müssen Existenzgründer denAgenturen für Arbeit einen von einer fachkundigenStelle auf Tragfähigkeit überprüften Businessplanvorweisen. Hierfür können sich Existenzgründer anihre IHK oder andere Gründungsinstitutionen wenden.Mit Wirkung zum 28. Dezember 2011 wurde derZuschuss in eine Ermessensleistung umgewandelt– bislang hatten Arbeitslose hierauf einen Rechtsanspruch. Damit wurde auch eine Kernforderungder IHK-Organisation aufgegriffen. Die Phase derMaximalförderung – monatlich in Höhe des Arbeitslosengeldes zuzüglich 300 Euro – wurde vonneun auf sechs Monate verkürzt, die zweite Phase(monatlich 300 Euro) von sechs auf neun Monateausgedehnt. Zudem müssen Antragsteller künftigeinen Arbeitslosengeld-Restanspruch von mindestens 150 Tagen vorweisen statt wie vorher 90 Tage.3

DIHK-Gründerreport 2012Deutlich weniger EinstiegsgesprächeEinstiegsgespräche (linke Existenzgründung im WandelDeutlich weniger EinstiegsgesprächeAbsehbar ist, dass durch die Verschärfung des Förderzugangs für arbeitslose Existenzgründer dasGründungsinteresse weiter sinkt. Diente die Existenzgründerförderung der Arbeitsverwaltung inZeiten hoher Arbeitslosigkeit in besonderem Maßeals Instrument zur Senkung der Erwerbslosenzahlen, so verliert die Gründungsförderung aus Sichtder Arbeitsagenturen bei niedriger Arbeitslosigkeiteinen Großteil ihrer Berechtigung. Die Einschränkung des Gründungszuschusses ist daher nachvollziehbar. Zudem können Mitnahmen – Inanspruchnahme der Förderung, obwohl auch ohne Zuschussgegründet worden wäre – eingedämmt werden.Die Gesamtzahl der IHK-Gründungsgespräche setztsich zusammen aus Einstiegsgesprächen und IHKGründungsberatungen. Einen besonders starken Rückgang verzeichneten die IHKs im Jahr 2011 bei den Einstiegsgesprächen zur Existenzgründung. 9,1 Prozentweniger Gründungsinteressierte erkundigtensich bei der IHK zu den Grundlagen der unternehmerischen Selbstständigkeit. Insgesamtführten die IHKs 269.712 Einstiegsgespräche.Auch bei den online erfolgten Einstiegsberatungen und den Besuchen der IHK-Websiteszur Existenzgründung verzeichneten die IHKsRückgänge. Noch stärker fiel die Zahl der Teilnehmer anIHK-Gründerseminaren. An solchen themenspezifischen Veranstaltungen etwa zu Marketing, Businessplanerstellung etc. nahmen 12,4Prozent weniger Personen teil – im Jahr 2011insgesamt 31.740.4

DIHK-Gründerreport 2012 Interessant ist, dass das grundsätzliche Interesse an Existenzgründungen hingegen leichtgestiegen ist. Immerhin haben sich 2011 etwas mehr Gründer als im Jahr zuvor bei IHKGründertagen zur Selbstständigkeit kundiggemacht. Die IHKs melden 60.743 Besucher –vier Prozent mehr als 2010. In der Folge nehmen allerdings viele die weiteren Schritte zurExistenzgründung nicht in Angriff.Gegen den Trend: mehr GründercoachingsNeben dem starken Rückgang des allgemeinenGründungsinteresses haben die IHKs im Jahr 2011auch folgende Entwicklungen beobachtet: Gegen den Trend ist das Interesse an einemCoaching gestiegen – der Begleitung währendder ersten Zeit nach der Gründung durch einenUnternehmensberater. Im Jahr 2011 brachtendie IHKs vier Prozent mehr Gründer mit Beratern zusammen (21.766). Die IHKs sind Regionalpartner bei dem von der KfW-Bankengruppe verwalteten Förderprogramm „Gründercoaching Deutschland“. Etwa sechs vonzehn Gründern, denen die KfW ein Gründercoaching bewilligt, haben sich bei ihrer IHK informiert und die Förderung beantragt. WeitereRegionalpartner sind Handwerkskammern,Wirtschaftsfördergesellschaften und Landesförderbanken. Das Niveau der Gründungsvorbereitung ließwie in den Jahren zuvor stark zu wünschenübrig – wenn auch die Gründer im Jahr 2011insgesamt etwas besser vorbereitet zur IHKGründungsberatung kamen. Vergleichsweisegut vorbereitet waren insbesondere Gründer,die Online-Instrumente in der IHKGründungsberatung nutzten (z. B. Gründungswerkstatt, IHK-Mentor).IHK-Gründerservice – zwei Stufen zur GründungDie IHK-Einstiegsgespräche zählen – zusammenmit Informationsveranstaltungen, Gründertagen,Print- und Web-Informationen – zu den IHKBasisinformationen zur Existenzgründung. Auf dieser ersten Stufe des IHK-Gründerservice vermittelndie IHKs grundlegende Informationen zur Selbstständigkeit, die jeder angehende Unternehmer unabhängig vom konkreten Geschäftsvorhaben vordem Start benötigt. Typische Themen sind etwabetriebswirtschaftliche Planrechnungen, persönliche und fachliche Voraussetzungen für die Selbstständigkeit sowie die soziale AbsicherungDie IHK-Gründungsberatung bildet nach den IHKBasisinformationen die zweite Stufe des IHKGründerservices. In ein- bis zweistündigen Gesprächen erörtern Existenzgründer mit einem IHKExistenzgründungsberater ihr Geschäftskonzept.Typische Fragen: Was ist das Besondere an der Geschäftsidee? Wie entwickelt sich meine Branche?Welche Fördermöglichkeiten gibt es?Auch weniger Beratungen zum BusinessplanAuch die Zahl derjenigen, die mit ihrer IHK einkonkretes Geschäftskonzept in der IHKGründungsberatung besprachen, ist im Jahr 2011deutlich zurück gegangen. 6,9 Prozent wenigerGründungsinteressierte legten der IHK einen Businessplan vor (59.879 Beratungen).Folgende weitere Tendenzen haben den IHKs zufolge das Gründungsgeschehen im Jahr 2011 geprägt: Immer mehr Existenzgründer wollen zunächstnebenberuflich starten. Die neuen Eigenkapitalvorschriften unter BaselIII werden die Fremdkapitalbeschaffung tendenziell erschweren, vor allem für vergleichsweise riskante Projekte wie Innovationen undExistenzgründungen. Schon im Vorfeld stellensich Kreditinstitute auf die neuen Regularienein und haben 2011 Gründungsvorhaben nocheingehender unter die Lupe genommen.5

DIHK-Gründerreport 2012 Viele Gründer starteten in Branchen, in denenwenig Startkapital erforderlich ist, wie insbesondere im Dienstleistungssektor. Dort ist derWettbewerb sehr intensiv, was das Risiko desScheiterns erhöht . 2011 hat in manchen IHK-Regionen die Zahlderjenigen zugenommen, die eine selbstständige Tätigkeit im Bereich der Freien Berufeaufnehmen wollten. Vor allem dort, wo es keinvergleichbares Angebot seitens der Kammernder Freien Berufe gibt, haben die die IHKs dieBeratung übernommen. Existenzgründer können aus einem größerenAngebot an Beratungsstellen wählen. Nebenden IHKs und den Handwerkskammern bietenz. B. mehr kommunale Wirtschaftsfördereinrichtungen und Businessplan-Wettbewerbe,die z. B. von den Ländern oder Förderbankenausgerichtet werden, einen Check der Geschäftskonzepte und ein Coaching.6

DIHK-Gründerreport 2012Häufiger Karrierewunsch: vom Arbeitslosen zum UnternehmerArbeitslosigkeit201163%"Unternehmer 00536%32%68%2004200344%56%29%71%56%Vornehmlich unternehmerisch motivierte Gründungsinteressierte bilden weiterhin eine Minderheit. Fast zwei Drittel der Teilnehmer an IHKGründungsberatungen – 63 Prozent – suchen miteiner Selbstständigkeit in erster Linie einen Ausweg aus der Erwerbslosigkeit. Arbeitslosigkeit istseit Jahren das dominante Gründungsmotiv; überdie Konjunkturzyklen hinweg wollen jeweils deutlich mehr als die Hälfte der Beratenen wegen drohender Erwerbslosigkeit starten.44%Einstiegsgeld, Darlehen, Zuschüsse für Bezieherdes Arbeitslosengeldes II (ALG II)Das Einstiegsgeld können Empfänger des ALG IIseit 2005 von den Grundsicherungsstellen (ARGEn,Optionskommunen) als Gründungsförderung erhalten. Die Fallmanager gewähren in der Regel eineFörderung in Höhe von 50 Prozent der Regelleistung für zwölf Monate. Zusätzlich zum Einstiegsgeld können die Fallmanager unternehmerisch tätigen ALG-II-Beziehern seit 2009 Darlehen oderZuschüsse gewähren. Viele Grundsicherungsstellenverlangen von Antragstellern einen Businessplanoder zumindest eine Umsatz-/Rentabilitätsvorschau.7

DIHK-Gründerreport 2012IHK-Hilfe bei Förderprogrammen - zumeist für arbeitslose s 31.10.06)Ich-AG(2003 bis 30.06.06)Gründungszuschuss(seit 2.032693227949309734.1274.9824702.266-6,9% 1,9%4.269 022.1765052.2232003200420052006Analog zu den Gründungsgesprächen ist im Jahr2011 auch die Zahl der IHK-Stellungnahmen fürgründungsbezogene Förderprogramme gesunken.26.376 Existenzgründer haben ihre IHK um eingutachterliches Votum zum Gründungskonzept erhalten – acht Prozent weniger als im Jahr zuvor.2007200818.747200921.81120102011Den Löwenanteil machen mit einem Anteil von 73Prozent nach wie vor IHK-Stellungnahmen für denGründungszuschuss für Arbeitslose aus, trotz einesRückgangs im vergangenen Jahr. Es folgen mit 16Prozent Stellungnahmen für Programme der Bürgschaftsbanken, darauf mit knapp neun ProzentProgramme der Landesförderbanken. Den letztenPlatz belegen weiter Stellungnahmen für das Programm „Unternehmerkapital“ der KfW Bankengruppe mit einem Anteil von knapp zwei Prozentan allen IHK-Stellungnahmen.8

DIHK-Gründerreport 2012Branchenvergleich: Dienstleistungen bevorzugtDienstleistungen Gastgewerbe10%6%8%7%Handelsonstige Dienste9%41%60%10%6%35%Verkehrsonstige Branchen9%Kredit/VersicherungWeniger neue Finanzdienstleister und Gastwirte(Veränderung Teilnehmer IHK-Gründungsberatung ggü. rsicherungGastgewerbesonstige Dienste3,5%-14,9%-11,7%-5,6%sonstige Branchenalle Branchen0,5%-6,9%9

DIHK-Gründerreport 2012Die meisten Gründer bevorzugen Branchen, in denen sie mit kleiner Anfangsausstattung startenkönnen. Das gilt gerade für arbeitslose Gründer.Entsprechend wollten auch im Jahr 2011 mit 63Prozent die meisten Gründer (37.960) in Dienstleistungsbranchen Fuß fassen (z. B. Reinigungsdienste, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,künstlerisch unterhaltende Tätigkeiten). Oftmalsreicht ein PC, um etwa eine Beratungsleistung anzubieten.Gegen den Trend stieg das Interesse an Unternehmensgründungen im Verkehrsgewerbe an, währenddie IHKs für Handel, Kredit/Versicherung und Gastgewerbe eine stark sinkende Nachfrage nachGründungsinformationen verzeichneten. Trotz desRückgangs blieben die Dienstleistungsbereicheauch 2011 die Branchen mit dem höchsten Anteilan Gründungsinteressierten. Bei den sonstigenDiensten liegt der Rückgang in etwa im Gesamttrend.10

DIHK-Gründerreport 2012Gründungsinteressierte: Frauen holen auf(Anteil der Teilnehmerinnen an der 01037%33%200231%31%2003200420052006Der Anteil der gründunginteressierten Frauensteigt weiter leicht an. Bei IHKGründungsseminaren und der IHK-Gründungsberatung sind mittlerweile 41 Prozent der Teilnehmer weiblich. Im Jahr 2011 führten die IHKs132.117 Gespräche mit gründungsinteressiertenFrauen.Seit 2004 ist der Anteil der Frauen in der IHKGründungsberatung von 31 auf 41 Prozent gestiegen. Nach IHK-Erfahrungen führt insbesondere dassich wandelnde Rollenverständnis dazu, dass immer mehr Frauen eine Unternehmensgründung erwägen und sich ein eigenes berufliches Standbein20072011schaffen wollen. IHKs berichten zudem, dass sichviele Frauen mit ihrer eigenen unternehmerischenExistenz auch Flexibilität verschaffen wollen, umFamilie und Beruf besser als bei abhängiger Beschäftigung in Einklang bringen zu können.Insgesamt wurden im Jahr 2011 rund 30 Prozentaller neuen Unternehmen von Frauen gegründet.Offensichtlich nehmen mehr Frauen als Männer imspäteren Verlauf von einer Gründung Abstand. Insgesamt beobachten die IHKs, dass Frauen ihreGründungsprojekte besonders reiflich überlegen.11

DIHK-Gründerreport 2012IIIHK-PROGNOSEEXISTENZGRÜNDUNGAusblick 2012: Gründungsinteresse sinkt weiter"In den nächsten Monaten wird das Gründungsinteressein unserer IHK-Region .2%22%25%5%25%51%76%93% steigen"56% gleich bleiben"60%70% rbst2011FrühjahrDie IHK-Existenzgründungsberater erwarten, dassdas Interesse an einer Unternehmensgründung imJahr 2012 weiter sinken wird. 70 Prozent rechnenmit weniger, lediglich fünf Prozent mit steigendemGründungsinteresse. Aufgrund der Einschätzungender IHKs rechnet der DIHK damit, dass es im Jahr2012 insgesamt weniger als 400.000 Existenzgründungen geben wird – und damit so wenigGründungen wie in keinem Jahr zuvor seit derWiedervereinigung 2 .Für chancenreiche Gründungen sehen die IHKExistenzgründungsberater drei Trends:1. Die demografische Entwicklung ändert Nachfragestrukturen und schafft neue Möglichkeiten für Existenzgründer.2gem. Existenzgründungsstatistik des Instituts für Mittelstandsforschung, Bonn, http://www.ifm-bonn.org/index.php?id 612 .2011Herbst2012FrühjahrSo sehen die IHKs Chancen etwa für Gründungen im Gesundheitswesen wie etwa bei Pflegedienstleistungen, Medizintechnik, Pharma.Zudem wird die Nachfrage nach altersspezifischen Dienstleistungen steigen, wie etwahaushaltsnahe Services für Senioren.2. In der IT-Branche können Gründer kreativeIdeen mit vergleichsweise geringem Startkapital umsetzen. Die IHKs sehen günstige Zeiteninsbesondere für innovative Online-Händlerund – im Business-To-Business-Bereich – fürunternehmensnahe Dienstleistungen. Unterstützt wird dieser Trend von Bestrebungen zurAuslagering von Funktionsbereichen aus Unternehmen (Outsourcing).3. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie dieEnergiewende lassen die Nachfrage von Unternehmen nach Lösungen zur Steigerung derEnergieeffizienz und umweltschonenden Produktionsprozessen steigen.12

DIHK-Gründerreport 2012III GESCHÄFTSKONZEPTEBusinesspläne: nicht mehr ganz so viele DefiziteGründer in der IHK-Gründungsberatung . haben kaufmännische . Planrechnungen )53%54% haben sich zu wenig Gedankenzum Alleinstellungsmerkmal ihrerGeschäftsidee gemacht51%52% schätzen die notwendigenStartinvestitionen/laufendeKosten zu niedrig ein46%44% haben die Finanzierung ihresStart-Ups nicht gründlich genugdurchdacht39%42%42%45% äußern unklare Vorstellungenzur Kundenzielgruppe32% können ihre Produktidee nichtklar beschreiben36%42%40%.schätzen den zu erwartendenUmsatz unrealistisch hoch ein haben unzureichende Fach/BranchenkenntnisseWährend die Zahl der Gründungsgespräche bei denIHKs im Jahr 2011 stark zurück gegangen ist, vermelden die IHKs bei der Qualität der vorgelegtenGeschäftskonzepte immerhin keine weitere Verschlechterung. Allerdings: Auch im Jahr 2011 gingen die meisten Gründer unzureichend vorbereitetan den Start. Die Anteile der Gründer, die in ihremKonzept wesentliche Fragen nicht oder nur unzureichend beantworten konnten, sind weiterhinhoch. Über die Hälfte der Gründer hatten kaufmännische Defizite und konnten nicht erklären,was ihre Geschäftsidee vom Angebot der Konkurrenz abhebt (Alleinstellungsmerkmal).26%27% 20102011Fast ein Drittel der Gründer waren sogar nichtin der Lage, ihre Geschäftsidee klar zu beschreiben, wenn sie zur IHK-Gründungsberatung kamen.Insbesondere bei Arbeitslosen beobachteten dieIHKs – trotz Besserungstendenzen – oft wenigdurchdachte Konzepte. 55 Prozent hatten sich zu wenig Gedankenzum Alleinstellungsmerkmal ihrer Idee gemacht, 43 Prozent hatten die Finanzierungnicht gründlich genug durchkalkuliert. 37 Prozent konnten ihre Produktidee nicht klarbeschreiben – immerhin sechs Prozentpunkteweniger als noch im Jahr zuvor.Fast vier von zehn Gründern hatten die Finanzierung ihres Projekts nicht gründlich genugdurchdacht.13

DIHK-Gründerreport 2012IV EXISTENZGRÜNDER „U30“3Jüngere Gründer – Anteil steigt leichtAnteil Jüngerer an IHK-GründungsberatungenAnteil an Gesamtbevölkerung21,7%20,7%11,6%11,2%2007In der Altersgruppe von 20 bis 39 Jahren sind vieleExistenzgründer zu finden. Ab 40 Jahren geht dieGründungsneigung hingegen stark zurück – vielegrundsätzlich Gründungsbereite haben gute Jobs,sind auf der Karriereleiter vorangekommen undwägen eine etwaige Selbstständigkeit mit der Verantwortung für die Familie ab. Aufgrund der demografischen Entwicklung schrumpfen die besonders gründungsaktiven jüngeren Jahrgänge– unddamit die Zahl der Existenzgründer insgesamt. Eslohnt sich, die Gruppe der jüngeren Existenzgründer genauer zu beleuchten, da in diesen Gruppender Hebel für gründungspolitische Maßnahmenaufgrund der relativ hohen Gründungsneigung vergleichsweise groß ist.Etwa ein Fünftel aller Teilnehmer an IHK-Gründungsberatungen sind jünger als 30 Jahre. In denletzten fünf Jahren ist der Anteil der unter 30jährigen in der IHK-Gründungsberatung leicht angestiegen. Der Anteil der 15- bis 25-jährigen ander Gesamtbevölkerung ist leicht rückläufig 3 .2011Viele motiviert, oft aber übereiltInsgesamt beobachten viele IHKs bei der Gruppeder unter 30-jährigen Gründer eine Zweiteilung: Viele jüngere Gründer sind gut qualifiziert, flexibel und aufgeschlossen gegenüber Unternehmens- und Wirtschaftsnetzwerken. Einegeringere Lebenserfahrung und möglicherweise fehlende Branchenerfahrung machen siezumindest zum Teil durch eine unbekümmerteHerangehensweise wett. Viele solcher Gründermöchten sich in internetaffinen Branchenselbstständig machen, et

IHK-Gründerservice 2011 – auf einen Blick 14.955 4.000 3.528 32.369 64.343 36.246 14.799 3.300 3.888 26.376 59.879 31.740 296.715 269.712 Teilnehmer Sprechtage mit Partnern Teilnehmer bundesweite IHK-Aktionen* IHK-Einträge in Unternehmensbörse nexxt-change Stellungnahmen zu Förderanträgen Teilnehmer IHK