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Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 16)Gesundheitsreport 2017Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten.Update: SchlafstörungenHerausgeber:Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-GesundheitDAK-GesundheitNagelsweg 27–31, D-20097 HamburgAutoren:Jörg Marschall, Susanne Hildebrandt, Hanna Sydow, Hans-Dieter Noltingunter Mitarbeit von Elena Burgart, Tobias WoköckIGES Institut GmbHFriedrichstr. 180, D-10117 BerlinRedaktion:Martin KordtDAK-GesundheitNagelsweg 27–31, D-20097 HamburgE-Mail: [email protected]ärz 2017
Bibliografische Informationen der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.2017 medhochzwei Verlag GmbH, Heidelbergwww.medhochzwei-verlag.deISBN 978-3-86216-345-8Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung undVerarbeitung in elektronischen Systemen.Druck: KESSLER Druck Medien GmbH & Co. KG, BobingenPrinted in Germany
VVorwortSchlafstörungen sind ein verbreitetes und in seinen Folgen unterschätztes gesundheitliches Problem. Im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen, wie es der jährlich erscheinende DAK-Gesundheitsreport dokumentiert, spielen sie gleichwohl eine geringe Rolle. Doch Schlafstörungen sind häufig mit Tagesfolgen wie Müdigkeit, allgemeinemUnwohlsein, sozialen und beruflichen Einschränkungen gekoppelt.Grund genug, den aktuellen DAK-Gesundheitsreport den Schlafstörungen in einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt zu widmen.Die DAK-Gesundheit hat Schlafstörungen bereits in ihrem Gesundheitsreport 2010 zum Schwerpunktthema gemacht. Lassen sich sieben Jahre später neue Tendenzen aufzeigen? Welche Risikofaktoren begünstigen die Entstehung von Schlafstörungen oder sorgendafür, dass sie sich verfestigen? Die DAK-Gesundheit fragt auchnach dem Stand der ambulanten Versorgung und einem möglicherweise problematischen Einsatz von Schlafmitteln. Für ein umfassendes Bild wurden, wie 2010, die Arbeitsunfähigkeitsdaten aller bei derDAK-Gesundheit versicherten Berufstätigen ausgewertet, aberauch die Behandlungs- und Arzneimitteldaten analysiert und namhafte Experten der Schlafmedizin befragt.Ein Aspekt, der vor sieben Jahren noch keine Rolle gespielt hat, istdie Anwendungen von Smartphones und Tablets mit Funktionen zurSchlafkontrolle und Schlafoptimierung. Wie werden Schlaftrackeroder Sleep-Apps von den Erwerbstätigen wahrgenommen? Sind sieeine echte Hilfestellung oder Lifestyle-Produkte und Teil eines allgemeinen Trends zur Selbstoptimierung?Viele Betriebe haben im Umgang mit Schlafstörungen noch Beratungs- und Unterstützungsbedarf – insbesondere, weil bestimmteArbeitsbedingungen wie Schicht- und Nachtdienste die Entstehungvon Schlafproblemen befördern. Der vorliegende Report setzt deshalb auch Impulse für eine betriebliche Gesundheitsförderung, dieSchlafstörungen mit aufgreifen möchte und schafft hierfür eine empirisch gestützte Grundlage. Als große Krankenkasse steht dieDAK-Gesundheit mit ihren Experten interessierten Betrieben bundesweit zur Verfügung.Andreas StormVorsitzender des VorstandsHamburg, März 2017
VIIInhaltsverzeichnisVorwort . VZusammenfassung der Ergebnisse . VIIIZur Einführung in den DAK-Gesundheitsreport . X1.Erwerbstätige Mitglieder der DAK-Gesundheit im Jahr 2016. 12.Arbeitsunfähigkeiten im Überblick . 33.Arbeitsunfähigkeiten nach Krankheitsarten . 184.Schwerpunktthema 2017: Update Schlafstörungen . 324.1 Einleitung . 324.2 Was sind Schlafstörungen, Klassifikation vonSchlafstörungen, Epidemiologie. 374.3 Schlafstörungen im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen . 484.4 Schlafstörungen in der ambulanten Versorgung . 604.5 Bevölkerungsbefragung zu Schlafstörungen undweiteren Aspekten im Zusammenhang mitSchlafstörungen . 784.6 Einschätzungen von Expertinnen und Experten zuverschiedenen Aspekten der Bedeutung undVersorgung von Schlafstörungen . 1224.7 Fazit Schwerpunktthema . 1265.Arbeitsunfähigkeiten nach Wirtschaftsgruppen . 1286.Arbeitsunfähigkeiten nach Bundesländern . 1337.Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . 142Anhang I: Hinweise und Erläuterungen . 144Anhang II: Tabelle . 148Anhang III: Fragebogen für Expertinnen und Experten . 163Abbildungsverzeichnis . 170Literaturverzeichnis. 176
VIIIZusammenfassung der ErgebnisseGesamtkrankenstand leicht gesunkenIm Jahr 2016 ist der Krankenstand nach einem Anstieg im Vorjahrum 0,2 Prozentpunkte gesunken. Der Krankenstand im Jahr 2016lag damit bei 3,9 Prozent (2015: 4,1 Prozent).BetroffenenquoteDie Betroffenenquote lag 2016 bei 44,6 Prozent. Dies bedeutet,dass für weniger als jeden Zweiten eine Arbeitsunfähigkeitsmeldungvorlag. Im Jahr 2016 ist die Betroffenenquote somit gesunken (2015:50,4 Prozent).Fallhäufigkeitund -dauerDie Erkrankungshäufigkeit ist mit 112,0 Fällen pro 100 Versichertenjahre gegenüber dem Vorjahr ebenfalls gesunken (2015: 124,4 Arbeitsunfähigkeitsfälle). Die durchschnittliche Falldauer ist dagegengestiegen. Sie beträgt im Jahr 2016 12,9 Tage (2015: 12,1 Tage).WichtigsteKrankheitsartenAuf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, psychische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Atmungssystems entfielen 2016mehr als die Hälfte (54,0 Prozent) aller gen des Muskel-Skelett-Systems lagen mit 319,5 Arbeitsunfähigkeitstagen pro 100 Versichertenjahre wieder an derSpitze aller Krankheitsarten. Im Vorjahr entfielen mit rund325,9 Tagen etwas mehr Erkrankungstage auf diese Diagnose.PsychischeErkrankungenPsychische Erkrankungen lagen mit einem Anteil von rund17,1 Prozent hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Krankenstanderstmals an zweiter Stelle. Im Vergleich zum Vorjahr gab es hiereinen leichten Anstieg der Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage(von 243,7 auf 246,2 Tage pro 100 Versichertenjahre). Bei derFallhäufigkeit ist seit dem Jahr 2005 erstmals ein Rückgang zuverzeichnen (von 6,9 auf 6,5 Fälle pro 100 rankungen verursachten 14,7 Prozent des Krankenstandes. 2016 gab es aufgrund von Atemwegserkrankungen32,5 Erkrankungsfälle und 211,6 Arbeitsunfähigkeitstage pro 100Versichertenjahre. Das ist deutlich weniger als noch im Vorjahr(2015: 248,9 AU-Tage).Branche „Verkehr, Lagerei undKurierdienste“ ander Spitze beimKrankenstandDie Branche „Verkehr, Lagerei und Kurierdienste“ lag mit einemKrankenstandwert von 4,6 Prozent an der Spitze und somit eindeutig über dem Durchschnitt aller Branchen. Am niedrigsten unter denBranchen mit hohem Anteil DAK-Versicherter war der Krankenstandin der Branche „Rechtsberatung u. a. Unternehmensdienstleistungen“ mit 3,2 Prozent (2015: 3,3 Prozent).Unterschiede zwischen den BundesländernDie Unterschiede zwischen den Bundesländern stellen sich folgendermaßen dar: In den westlichen Bundesländern (mit Berlin) betrugder Krankenstand durchschnittlich 3,8 Prozent, in den östlichenBundesländern 4,9 Prozent. In den westlichen Bundesländernstreute der Krankenstand zwischen dem niedrigsten Wert in Höhe
Zusammenfassung der Ergebnissevon 3,3 Prozent in Baden-Württemberg und dem höchsten im Saarland mit 4,6 Prozent. Sachsen-Anhalt stand 2016 mit einem Wertvon 5,1 Prozent an der Spitze des Krankenstandgeschehens derBundesländer.IX
XZur Einführung in den DAK-GesundheitsreportWas Sie auf den folgenden Seiten erwartetKapitel 1:DatenbasisDas erste Kapitel erläutert die Datengrundlage dieses Gesundheitsreports: Die erwerbstätigen Mitglieder der DAK-Gesundheit und ihreZusammensetzung nach Alter und Geschlecht.Kapitel 2:Arbeitsunfähigkeiten im ÜberblickKapitel 2 stellt die wichtigsten Kennzahlen des Arbeitsunfähigkeitsgeschehens der Jahre 2010 bis 2016 im Überblick dar. DiesenKennziffern ist zu entnehmen, wie hoch der Krankenstand war, wieviele Erkrankungsfälle beobachtet wurden und zu welchem Anteildie Mitglieder der DAK-Gesundheit überhaupt von Arbeitsunfähigkeiten (AU) betroffen waren.Kapitel 3:Ursachen vonArbeitsunfähigkeitenIm dritten Kapitel geht es um die Ursachen von Arbeitsunfähigkeit.Zu diesem Zweck werden die Arbeitsunfähigkeiten nach Krankheitsarten aufgeschlüsselt. Die Auswertung beruht auf den medizinischen Diagnosen, die die Ärzte mit den AU-Bescheinigungen denKrankenkassen übermitteln. Darüber hinaus wird analysiert, in welchem Maße Arbeitsunfälle für Fehlzeiten verantwortlich waren.Kapitel 4:Schwerpunktthema: SchlafstörungenIn Kapitel 4 wird das diesjährige Schwerpunktthema behandelt:Schlafstörungen. Wie stellen sich Insomnien, Schlafapnoe undandere Schlafstörungen im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen dar?Welche Rolle spielen sie in der ambulanten Versorgung? SindSchlafstörungen seit 2009 – zu diesem Jahr hat der DAK-Gesundheitsreport 2010 bereits Untersuchungen durchgeführt – weiter verbreitet? Es zeigt sich, dass nicht nur Ein- und Durchschlafproblemeoder eine gelegentlich unerholsame Nacht weit verbreitet sind, sondern dass knapp 10 Prozent der Erwerbstätigen unter einer Insomnie gemäß diagnostischen Kriterien leiden. Das sind deutlich mehrals noch 2009.Während die Insomnie Männer wie Frauen betrifft, sind Männer vonder Schlafapnoe deutlich häufiger betroffen. In der Behandlung finden sich vor allem ältere Erwerbstätige, die Befragung zeigt im Unterschied dazu, dass die Insomnie in allen Altersgruppen eine Rollespielt.Kapitel 5:Analyse nachWirtschaftsgruppenIn Kapitel 5 erfolgen tiefer gehende Auswertungen nach Wirtschaftsgruppen. Diese konzentrieren sich auf die Bereiche, in denen dergrößte Teil der Mitglieder der DAK-Gesundheit tätig ist.Kapitel 6:Regionale AnalysenIm Kapitel 6 werden schließlich regionale Unterschiede im AU-Geschehen untersucht, und zwar auf der Ebene der 16 Bundesländer.
Zur Einführung in den DAK-GesundheitsreportDer DAK-Gesundheitsreport 2016 schließt mit einer übergreifendenZusammenfassung und wesentlichen Schlussfolgerungen der DAKGesundheit zum Schwerpunktthema.XIKapitel 7:SchlussfolgerungenWeitere Informationen, Erläuterungen und TabellenErläuterungen zu immer wieder auftauchenden Begriffen sowie zurBerechnung der wichtigsten verwendeten Kennzahlen sind im Anhang I zu finden. Außerdem wird dort das allgemeine methodischeVorgehen erklärt.Anhang I:ErläuterungenDetaillierte Zahlenmaterialien zu den Arbeitsunfähigkeiten nach Regionen, Krankheitsarten und Wirtschaftsgruppen finden interessierte Leserinnen und Leser in einem Tabellenteil (Anhang II). EineÜbersicht über die aufgeführten Tabellen findet sich auf Seite 148.Anhang II:TabellenVergleichbarkeit der Ergebnisse mit den Gesundheitsberichtenanderer ErsatzkassenArbeitsunfähigkeitsanalysen, wie sie in diesem Gesundheitsreportdargestellt sind, dienen dazu, sich ein umfassenderes Bild von derKrankenstandsentwicklung in der Bundesrepublik zu machen. Dieswird bislang durch unterschiedliche methodische Vorgehensweisender Krankenkassen bei der Erstellung ihrer Gesundheitsberichte erschwert.Zumindest auf der Ebene der Ersatzkassen sind aber einheitlicheStandards für die Gesundheitsberichterstattung festgelegt worden:Die direkte Standardisierung nach Alter und Geschlecht.Hier hat es ab dem Berichtsjahr 2012 eine Aktualisierung des Berechnungsverfahrens gegeben. Einzelheiten dazu können dem An1hang entnommen werden. Die im vorliegenden Bericht analysiertenArbeitsunfähigkeitsdaten können daher mit den Zahlen in Berichtenanderer Ersatzkassen nur dann verglichen werden, wenn diese denaktuellen Vorgaben ebenfalls zeitnah gefolgt sind. Auch Vergleichbarkeit des aktuellen sowie aller zukünftigen DAK-Gesundheitsreports mit Zurückliegenden (d. h. einschließlich des DAK-Gesundheitsreports 2012) sind von daher nur eingeschränkt möglich. AnStellen, wo im vorliegenden Bericht Bezüge zu historischen Werten(Zeitreihen, Vorjahresvergleiche) hergestellt werden, sind die historischen Kennzahlen neu berechnet worden und zum Vergleich mitangegeben.1Voraussetzung für Vergleiche zwischen Mitgliederkollektiven mehrerer Krankenversicherungen ist die Bereinigung der Zahlen um den Einfluss unterschiedlicherAlters- und Geschlechtsstrukturen. Dies wird durch eine Standardisierung der Ergebnisse anhand einer einheitlichen Bezugsbevölkerung, den Erwerbstätigen inder Bundesrepublik im Jahr 2010, erreicht. Die DAK-Gesundheit verwendet dabei– ebenso wie die anderen Ersatzkassen – das Verfahren der direkten Standardisierung (vgl. Anhang I).Gesundheitsberichte derErsatzkassenberuhen aufgemeinsamenStandardUmstellung imBerechnungsverfahren
XIIZur Einführung in den DAK-GesundheitsreportAndere Krankenkassen (z. B. AOK, BKK) verwenden abweichendeStandardisierungsverfahren, weshalb Vergleiche mit deren Berichten nur eingeschränkt möglich sind.
11.Erwerbstätige Mitglieder der DAK-Gesundheit im Jahr 2016Der DAK-Gesundheitsreport 2016 berücksichtigt alle Personen, dieim Jahr 2016 aktiv erwerbstätig und wenigstens einen Tag lang Mitglied der DAK-Gesundheit waren sowie im Rahmen ihrer Mitgliedschaft einen Anspruch auf Krankengeldleistungen der DAK-Gesundheit hatten.Für diesen Personenkreis erhält die DAK-Gesundheit die ärztlichenArbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, falls eine Krankheit auftritt.Fehlzeiten im Zusammenhang mit Schwangerschaften (außer beiKomplikationen) und Kuren werden nicht einbezogen.Die gesamte Datenbasis für das Berichtsjahr 2016 umfasst 2,6 Mio.Mitglieder der DAK-Gesundheit, die sich zu 56 Prozent aus Frauenund zu 44 Prozent aus Männern zusammensetzen. Der Anteil derMänner ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.Abbildung 1:Mitglieder der DAK-Gesundheit im Jahr 2016 nach Geschlecht44%Männer56%FrauenQuelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2016Die DAK-Gesundheit versichert aufgrund ihrer historischen Entwicklung als Angestelltenkrankenkasse insbesondere Beschäftigte in typischen Frauenberufen (z. B. im Gesundheitswesen, Handel, in Büroberufen und Verwaltungen). Seit 1996 können auch andere Berufsgruppen Mitglied bei der DAK-Gesundheit werden.Datenbasis 2016:2,6 Mio. Mitglieder der DAK-Gesundheit
2Hinsichtlich der Datenbasis ist zu beachten, dass nicht alle erwerbstätigen Mitglieder über das ganze Jahr bei der DAK-Gesundheitversichert waren. Daher werden die knapp 2,6 Mio. Mitglieder auf„ganzjährig versicherte Mitglieder” umgerechnet. Für das Jahr 2016umfasst die Datenbasis rund 2,3 Mio. Versichertenjahre.Alle in diesem Gesundheitsreport dargestellten Auswertungen vonArbeitsunfähigkeitsdaten schließen nur diejenigen Erkrankungsfälleein, für die der DAK-Gesundheit im Jahr 2016 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlagen.Abbildung 2:Alters- und Geschlechtsstruktur der erwerbstätigen Mitgliederder DAK-Gesundheit im Jahr 4,7%6%1,1%2,6 Mio. Mitgliederentsprechen inetwa 2,3 Mio. VersichertenjahrenErwerbstätige Mitglieder der DAK-Gesundheit im Jahr 2016 115-1920-2425-2930-3435-3940-4445-4950-5455-5960 Quelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2016In den Altersgruppen ab der Gruppe der 35- bis 39-Jährigen ist derAnteil der Frauen höher als der der Männer, zunächst nur geringfügig, ab der Altersgruppe der 45- bis 49-Jährigen dann deutlich. Inden unteren Altersgruppen stellen Männer einen geringfügig größeren Anteil der erwerbstätigen Mitglieder dar.Wird die Alters- und Geschlechtsstruktur der DAK-Mitglieder verglichen mit der Standardpopulation, den Erwerbstätigen in der Bundesrepublik im Jahr 2010, zeigen sich einige Unterschiede. Einflüsse auf das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen, die aus diesen Abweichungen folgen können, werden durch die Standardisierung (vgl.Anhang I) aus den beobachteten Zahlen herausgerechnet.Zugleich sichert diese Vorgehensweise die Vergleichbarkeit derKrankenstandswerte mit den Zahlen anderer Ersatzkassen.
32.Arbeitsunfähigkeiten im Überblick2.1Der KrankenstandIn welchem Maße eine Volkswirtschaft, eine Wirtschaftsgruppe oderein Betrieb von Krankheit betroffen ist, wird anhand der Kenngröße„Krankenstand“ ausgedrückt. Der Krankenstand gibt an, wieviel Prozent der Erwerbstätigen an einem Kalendertag durchschnittlich arbeitsunfähig erkrankt waren.Abbildung 3:Krankenstand der Mitglieder der DAK-Gesundheit im Vergleichzu den ,1%3,9%3%2%1%0%201020152016Quelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2010-2016Der Krankenstand bewegt sich in den letzten Jahren insgesamt aufeinem relativ niedrigen Niveau. Nach einem leichten Anstieg im vergangenen Jahr ist der Wert des Krankenstands im Jahr 2016 um0,2 Prozentpunkte auf ein Niveau von 3,9 Prozent gesunken.Einflussfaktoren auf den KrankenstandWelche Faktoren verursachen einen Krankenstand auf einem besonders hohen oder niedrigen Niveau? Der Krankenstand wird voneiner Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die auf unterschiedlichenEbenen ansetzen und zum Teil auch gegenläufige oder sich aufhebende Wirkungen haben. Es lässt sich also nicht nur ein Mechanismus identifizieren, der z. B. eine radikale Senkung des Krankenstandes bewirken könnte.Krankenstand2016 leicht gesunken
4Arbeitsunfähigkeiten im Überblick 2Abbildung 4:Einflussfaktoren auf den KrankenstandQuelle: DAK-Gesundheit 2016Wirkmechanismen auf den Krankenstand setzen an unterschiedlichen Stellen an und können in unterschiedlichen Richtungen Einfluss nehmen:Faktoren auf der volkswirtschaftlichen Ebene:Konjunktur undSituation am ArbeitsmarktAuf der volkswirtschaftlichen Ebene wird allgemein der Konjunkturund der damit verbundenen Lage am Arbeitsmarkt Einfluss auf dasKrankenstandsniveau zugesprochen:Ist die Wirtschaftslage und damit die Beschäftigungslage gut,steigt der Krankenstand tendenziell an. Schwächt sich die Konjunktur ab und steigt die Arbeitslosigkeit, so sinkt in der Tendenzauch das Krankenstandsniveau.2Die vergleichende Betrachtung der Krankmeldungen der letztenzehn Jahre zeigt, dass Konjunkturveränderungen allein nicht mehrautomatisch zu deutlichen weiteren Absenkungen oder Erhöhungendes Krankenstandes führen. Der Krankenstand entwickelt sich weitgehend unabhängig von konjunkturellen Verläufen.2vgl. Kohler, Hans: „Krankenstand – ein beachtlicher Kostenfaktor mit fallenderTendenz“ in: IAB Werkstattberichte Nr. 1/2003.
2 Arbeitsunfähigkeiten im Überblick5Weitere volkswirtschaftliche Faktoren sind:In Zeiten schlechterer Wirtschaftslage verändert sich überdiesdie Struktur der Arbeitnehmer: Werden Entlassungen vorgenommen, trifft dies eher diejenigen Arbeitskräfte, die aufgrund häufiger oder langwieriger Arbeitsunfähigkeiten weniger leistungsfähig sind. Für das Krankenstandsniveau bedeutet dies einen krankenstandssenkenden Effekt.Wandel derBeschäftigtenstrukturWeiterhin lassen sich gesamtwirtschaftlich Verlagerungen vonArbeitsplätzen vom industriellen in den Dienstleistungssektor beobachten. Das veränderte Arbeitsplatzprofil bringt in der Tendenzauch den Abbau gefährlicher oder körperlich schwerer Arbeit mitsich. Entsprechend führt dieser Wandel zu Veränderungen desKrankheitsspektrums sowie tendenziell zur Senkung des Krankenstandsniveaus. Wie die Statistiken zeigen, ist der Krankenstand in Angestelltenberufen in der Regel deutlich niedriger alsim gewerblichen Bereich.Verlagerung vonArbeitsplätzenvom gewerblichen in denDienstleistungssektorBetriebliche Einflussfaktoren auf den Krankenstand:Viele Dienstleistungsunternehmen einschließlich der öffentlichenVerwaltungen stehen verstärkt unter Wettbewerbsdruck bei fortschreitender Verknappung der Ressourcen. In der Folge kommtes zu Arbeitsverdichtungen und „Rationalisierungen“ und vielfachauch zu Personalabbau. Daraus können belastende und krankmachende Arbeitsbelastungen (z. B. Stressbelastungen) entstehen, die zu einem Anstieg des Krankenstandes führen.SteigendeStressbelastungdurch ArbeitsverdichtungAuf der anderen Seite sind von betriebsbedingten Entlassungenvor allem ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Beschäftigtebetroffen. Da in den AU-Analysen nur die „aktiv Erwerbstätigen“berücksichtigt werden, tritt hierdurch der sogenannte „healthyworker-effect“ auf. Die Belegschaft scheint also allein durch dieses Selektionsprinzip „gesünder“ geworden zu sein.„Healthy-workereffect“ durch tnehmerIm Zuge umfassender Organisations- und Personalentwicklunghaben sich in den letzten Jahren viele Unternehmen verstärkt desThemas „betrieblicher Krankenstand“ angenommen. Insbesondere dem Zusammenhang von Arbeitsmotivation und Betriebsklima in Bezug auf das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen wird imRahmen von betrieblichen Mitarbeiterzirkeln, -befragungen, Führungsstilanalysen etc. Rechnung getragen.Umsetzung vonbetrieblicherGesundheitsförderungDie systematische Umsetzung von Gesundheitsfördermaßnahmenträgt damit zur Senkung des Krankenstandes in Unternehmen bei.Wie die Diskussion um die Einflussfaktoren zeigt, wird der Krankenstand von einer Vielzahl einzelner Faktoren beeinflusst, die auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen. Und schließlich verbergen sichhinter den Krankenstandswerten unterschiedliche Krankheiten und
6Arbeitsunfähigkeiten im Überblick 2Gesundheitsrisiken. Auch eine Veränderung des Gesundheitsbewusstseins und -verhaltens kann eine Änderung des Krankenstandsniveaus begründen.Alles in allem lässt sich nicht der eine Mechanismus identifizieren,der eine starke Absenkung des Krankenstandes bewirken könnte.Es ist daher schwierig, eine zuverlässige Prognose für die zukünftige Entwicklung des Krankenstandes abzugeben.Grundsätzlich ist die DAK-Gesundheit im Interesse der Unternehmen sowie Beschäftigten um eine positive Entwicklung zu weiterhinniedrigen Krankenständen bemüht und möchte die Verantwortlichendazu ermutigen, in ihrem Bemühen um die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und den Abbau von Arbeitsbelastungen nichtnachzulassen.Strukturmerkmale des KrankenstandesVertiefte Analysedes KrankenstandsDer Krankenstand ist eine komplexe Kennziffer, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Eine Betrachtung der einzelnen Faktoren ermöglicht ein weitergehendes Verständnis von Krankenstandsunterschieden zwischen Personengruppen sowie der Entwicklungen im Zeitverlauf. Bevor die entsprechenden Ergebnisse fürdas Jahr 2016 dargestellt werden, werden diese Faktoren für einevertiefte Analyse des Krankenstandes kurz erläutert:„AU-Tage pro100 ganzjährig versicherte Mitglieder“Eine mögliche Darstellungsweise des Krankenstandes ist die Kennziffer „Arbeitsunfähigkeitstage pro Versichertenjahr“. Diese Zahl gibtan, wie viele Kalendertage im jeweiligen Berichtsjahr ein Mitglied derDAK-Gesundheit durchschnittlich arbeitsunfähig war. Um dieseKennziffer ausweisen zu können, ohne mit mehreren Stellen hinterdem Komma arbeiten zu müssen, berechnet man sie zumeist als„AU-Tage pro 100 Versichertenjahre“ bzw. „AU-Tage pro 100 ganzjährig Versicherter“. Aus Gründen der einfachen Lesbarkeit wirdnachfolgend im Allgemeinen nur von „100 Versicherten“ bzw. „100Mitgliedern“ gesprochen.„Krankenstand inProzent“Der Krankenstand (KS) lässt sich berechnen, indem man die AUTage je 100 Versichertenjahre (Vj) durch die Kalendertage des Jah3res teilt:KS inAnzahl der AU Tage je 100 Vj365 TageDie Höhe des Krankenstandes wird u. a. davon beeinflusst, wie vieleMitglieder überhaupt – wenigstens einmal – arbeitsunfähig erkrankt3Für Schaltjahre steht im Nenner die Zahl 366.
2 Arbeitsunfähigkeiten im Überblick7waren. Der Prozentsatz derjenigen, die wenigstens eine Arbeitsunfähigkeit im Bezugsjahr hatten, wird als „Betroffenenquote“ bezeichnet.Der Krankenstand in einer bestimmten Höhe bzw. die Anzahl der AU-Tage (pro 100 Versicherte) können durch wenige Erkrankungsfälle mit langer Dauer oder durch viele Erkrankungsfälle mit kurzer Dauer bedingt sein.Es ist daher bei der Betrachtung des Krankenstandes wichtig zu wissen, wie viele AU-Fälle (je 100 Versicherte) den Krankenstand verursachen und wie hoch die durchschnittliche Erkrankungsdauer ist.„AU-Fälle pro 100Versichertenjahre“bzw. ganzjährigVersicherte und„durchschnittlicheFalldauer“Der Krankenstand (KS) in Prozent kann demnach auch wie folgt berechnet werden:KS inAnzahl der AU Fälle je 100 Vj Dauer einer Erkrankung365 TageFür Schaltjahre erfolgt die Division durch 366 Tage.Im Hinblick auf die ökonomische Bedeutung von Erkrankungsfällenist es ferner interessant, die Falldauer näher zu untersuchen. Hierbei wird zwischen Arbeitsunfähigkeiten unterschieden,die in den Zeitraum der Lohnfortzahlung fallen (AU-Fälle bis zusechs Wochen Dauer) und solchen,die darüber hinausgehen und bei denen ab der siebten WocheKrankengeldleistungen durch die DAK-Gesundheit erfolgen (AUFälle über sechs Wochen Dauer).In der öffentlichen Diskussion über den Krankenstand genießenhäufig die besonders kurzen Arbeitsunfähigkeiten größere Aufmerksamkeit. Solche Kurzfälle können in einem Unternehmen die Arbeitsabläufe erheblich stören – für die Krankenstandshöhe habensie jedoch nur geringe Bedeutung.Jedes dieser Strukturmerkmale beeinflusst die Krankenstandshöhe.Ihre Betrachtung ist daher sinnvoll, wenn man die Krankenstände imZeitverlauf oder zwischen unterschiedlichen Betrieben, Branchenoder soziodemographischen Gruppen miteinander vergleichen will.In den folgenden Abschnitten werden die genannten Strukturmerkmale des Krankenstandes vertiefend analysiert.AU-Fälle „bis zu6 Wochen“ und. „über 6 WochenDauer“
8Arbeitsunfähigkeiten im Überblick 2Arbeitsunfähigkeitstage und KrankenstandsniveauBei 100 ganzjährig versicherten Mitgliedern der DAK-Gesundheitwurden 2016 im Durchschnitt 1.442 Fehltage wegen Arbeitsunfähigkeit (AU) registriert. Der Krankenstand von 3,9 Prozent in 2016 wirdaus der Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage errechnet: Verteilt mandie im Jahr 2016 je 100 Versicherte angefallenen 1.442 Arbeitsunfähigkeitstage auf die 366 Kalendertage des Jahres 2016, so warenan jedem Tag 3,9 Prozent der bei der DAK-Gesundheit versichertenBeschäftigten arbeitsunfähig erkrankt.Abbildung 5:AU-Tage eines durchschnittlichen Mitglieds der DAK-Gesundheit 2016 (Basis: 366 Kalendertage in 2016)Quelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2016
2 Arbeitsunfähigkeiten im Überblick2.29Betroffenenquote2016 hatten 44,6 Prozent der Mitglieder der DAK-Gesundheit mindestens eine Arbeitsunfähigkeit. Das bedeutet, dass weniger als dieHälfte eine Arbeitsunfähigkeit in 2016 hatte.Abbildung 6 zeigt die Betroffenenquoten für die Jahre 2010 bis2016.Abbildung 6:Betroffenenquote 2016 im Vergleich zu den 40%30%20%10%0%2010201120122013201420152016Quelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2010-2016Gegenüber dem Vorjahr ist die Betroffenenquote im Jahr 2016 gesunken und liegt anders als im Vorjahr unterhalb der 50 ProzentMarke.2.3Häufigkeiten von ArbeitsunfähigkeitenDie Höhe des Krankenstandes ergibt sich aus der Häufigkeit vonArbeitsunfähigkeitsfällen und der durchschnittlichen Erkrankungsdauer. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeitsfälle ist im Jahr 2016 leichtgestiegen, die Häufigkeit jedoch deutlich gesunken, so dass dasKrankenstandsniveau 2016 etwas unter dem des Vorjahres liegt.Die Erkrankungshäufigkeit lag 2016 mit 112,0 Erkrankungsfällen je100 Versicherte unter der im Vorjahr (2015: 124,4 AU-Fälle). Demnach war jedes Mitglied im Jahr 2016 durchschnittlich mit 1,12 Fällen (112,0 dividiert durch 100) mehr als einmal arbeitsunfähig.112,0 Erkrankungsfälle pro 100 ganzjährig Versicherte
10Arbeitsunfähigkeiten im Überblick 2Abbildung 7:AU-Fälle pro 100 ganzjährig Versicherte 2010 bis 4112,080604020020102013201420152016Quelle: AU-Daten der DAK-Gesundheit 2010-2016In den Jahren 2010 bis 2012 war der Wert für die Erkrankungshäufigkeit nahezu unverändert. In den Jahren 2013 und 2015 war derWert gegenüber den Vorjahren jeweils deutlich erhöht. Der Wert für2016 ist gegenüber dem des Vorjahres nun wieder deutlich gesunken.Berücksichtigung von Krankheitsfällen, die bei der DAK-Gesundheit nicht registriert werden könnenIn allen hier vorliegenden Auswertungen können nur diejenigen Erkrankungsfälle einbezogen werden, für die der DAK-Gesundheit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen. Zu beachten ist dabeijedoch, dass nicht alle Arbeitsunfähigkeitsfälle bei der DAK-Gesundheit gemeldet werden, so dass die DAK-Gesundheit nicht von jederErkrankung Kenntnis erhält.Gründe für Untererfassung vonAU-Fällen bei denKrankenkassenEinerseits reichen nicht alle Mitglieder der DAK-Gesundheit die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihres Arztes bei der DAK-Gesundheit ein. Andererseits ist eine Bescheinigung für den Arbeitgeber inder Regel erst ab dem vierten Kalendertag erforderlich. Kurzzeit-Erkrankungen von ein bis drei Tagen Dauer werden durch die Krankenkassen folglich nur erfasst, soweit eine ärztliche Krankschreibung vorliegt. Als Konsequenz dieser Umstände können sowohl dietatsächliche Betroffenenquote als auch die tatsächliche Fallhäufigkeit und damit verbunden die tatsächlich angefallenen AU-Tage ineinem Berichtsjahr über den erfassten Werten liegen.
2 Arbeitsunfähigkeiten im Überblick11Um diese „Dunkelziffer“ zu qua
Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit DAK-Gesundheit Nagelsweg 27–31, D-20097 Hamburg Autoren: Jörg Marschall, Susanne Hildebrandt, Hanna Sydow, Hans-Dieter Nolting unter Mitarbeit von Elena Burgart, Tobias Woköck IGES Institut GmbH Friedrichstr. 180, D-10117 Berli